Er stellte seine Motive auf den Kopf - und wurde nicht zuletzt damit weltberühmt. Georg Baselitz gilt als einer der wichtigsten deutschen Nachkriegskünstler. Sammler zahlen Millionenbeträge für seine Werke, seine oft großflächigen und mit grobem Strich skizzierten Bilder hängen in Museen weltweit. Am Dienstag (23. Jänner) wird Baselitz, seit 2015 auch österreichischer Staatsbürger, 80 Jahre alt.

Der unter anderem in Salzburg lebende Künstler begeht den runden Geburtstag mit zwei großen Ausstellungen in Basel. Rund 90 Gemälde und ein Dutzend Skulpturen zeigt die Fondation Beyeler; das Kunstmuseum Basel gibt eine Übersicht seines zeichnerischen Werkes.

In diesen Tagen trafen in der Fondation Beyeler Dutzende Leihgaben aus verschiedenen Museen und privaten Sammlungen aus ganz Europa und aus den USA ein, darunter das Werk "Der Narr von San Bonifacio" von 1965, das die Öffentlichkeit und sogar Baselitz selbst seit 1968 nicht mehr zu sehen bekamen, da es in privatem Besitz ist.

"Wir haben es ausfindig gemacht - und sind sehr glücklich, es zeigen zu können", sagte Kurator Martin Schwander. Zu sehen sind auch mehrere "Orangenesser": Eine gelbe Orange in der Mitte, der Esser um 180 Grad gedreht im Nichts hängend. Ein weiterer Höhepunkt sind neueste Werke, die Baselitz im vergangenen Sommer und Herbst geschaffen hat. Dabei bezieht er sich unter anderem auf Motive aus seiner ersten Schaffensphase.

Rund 300 Sammler, Freunde, Wegbegleiter und hochrangige Vertreter der Kunstwelt werden am Samstag zur Ausstellungseröffnung erwartet, um mit Baselitz zu feiern. Den Geburtstag selbst werde der Künstler aber im Kreise seiner Familie verbringen, sagte Schwander.

Von Anfang an pinselte Baselitz gegen den Strich. Der in der DDR geborene Maler, der heute in Basel, Salzburg und am Ammersee lebt, brüskierte seine Lehrer in Ost-Berlin und flog wegen "gesellschaftlicher Unreife" von der dortigen Kunsthochschule. In den Semesterferien hatte er, anstatt mit ins Kombinat zu fahren, lieber nach Picasso gemalt.

Bei seiner ersten Ausstellung im Westen 1963 in der Berliner Galerie Werner & Katz sorgte Baselitz für einen Eklat. Die Ölbilder "Nackter Mann" (mit einem überdimensionalen Penis) und "Die große Nacht im Eimer" (mit einem onanierenden Buben) wurden beschlagnahmt, ein Gerichtsverfahren aber später eingestellt.

Einige Jahre später entwarf er die Welt kopfüber neu. 1969 entstand mit "Der Wald auf dem Kopf" das erste "Umkehrbild". Er selbst sprach vom "dritten Weg" zwischen Abstraktion und Gegenständlichkeit. Er habe das Bild aus der "fatalen Abhängigkeit zur Wirklichkeit" wegbringen wollen, erläuterte er einmal. Auch wenn Kritiker gelegentlich von einer Masche sprachen - der Kopfstand blieb Baselitz' Markenzeichen.

Ende der 1970er Jahre begann er mit kantig gesägten Holzskulpturen, die in ihrer archaischen Form gelegentlich an afrikanische Kunst erinnern. Wieder ein Aufreger: Seine Skulptur, geschaffen für den deutschen Pavillon bei die Biennale 1980 in Venedig, hielt die Hand nach oben. Das als Hitlergruß zu sehen, sei überhaupt nicht seine Intention gewesen, sagte er später.

In seinen "Heldenbildern" (1965) bezog sich Baselitz auf den Krieg, den er als Kind erlebte - die "Helden" wanken heran als kaputte Gestalten in zerlumpten Uniformen, denen vom Heroismus nicht viel geblieben ist. Im Zyklus "Russenbilder" (1998-2005) setzte er sich mit seiner Jugend in der DDR und dem sozialistischen Realismus auseinander. Die Staatskünstler der DDR nannte er schon mal "Arschlöcher". Mit seiner sächsischen Heimat ist er dennoch untrennbar verbunden: Geboren als Hans-Georg Kern im heutigen Kamenzer Ortsteil Deutschbaselitz, erinnert er mit seinem Künstlernamen an das Dorf seiner Kindheit.

Etwa ab 2005 setzte er sich auch mit dem eigenen Werk nochmals auseinander: Unter dem Titel "Remix" interpretiert er frühere Bilder neu. Danach malte er in Schwarz - kaum Schemen sind erkennbar. Er habe Bilder unsichtbar machen, Grenzen verschieben wollen, erläuterte er.

Seit über 55 Jahren ist Baselitz mit seiner Frau Elke verheiratet, die beiden Söhne Daniel Blau und Anton Kern sind erfolgreiche Galeristen in München und New York. 2005 wurde er in Österreich mit dem Ehrenzeichen für Wissenschaft und Kunst ausgezeichnet, 2015 nahm er auch die österreichische Staatsbürgerschaft an. Als ebenfalls 2015 das deutsche Kulturgutschutzgesetz verschärft werden sollte, um die Ausfuhr von Werken mit nationaler Bedeutung zu erschweren, ließ er aus Protest seine Leihgaben in deutschen Museen abhängen.

Mit Interviews ist Baselitz sparsam - aber wenn er redet, wird er stets deutlich. "Meine ganze Biografie besteht aus Ecken und Kanten. Ich bin gegen Wände gelaufen und gegen geschlossene Türen", sagte er 2015 dem "Handelsblatt". "Regeln haben ihren Sinn, sie verbieten das meiste. Für einen Künstler aber ist nur der Regelbruch interessant."

Baselitz Tryptichon, ohne Titel
Baselitz Tryptichon, ohne Titel © APA/EPA/ANDREA MEROLA

Diebstahl

Nach dem Diebstahl von Werken aus dem Besitz des Malers Georg Baselitz im Millionenwert hat die Staatsanwaltschaft Anklage gegen drei Männer erhoben. Ihnen werde Diebstahl beziehungsweise gemeinschaftliche Hehlerei und Betrug vorgeworfen, sagte die Sprecherin der Anklagebehörde, Anne Leiding, am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur. Darauf stehen Haftstrafen von bis zu fünf Jahren.

Bayerische Ermittler hatten im vergangenen Jahr 15 gestohlene Werke aus dem Besitz des Malers Georg Baselitz im Wert von rund 2,5 Millionen Euro sichergestellt. Die meisten der Bilder hatte Baselitz selbst gemalt, ein Teil stammte aus der Sammlung des Künstlers, der nächste Woche seinen 80. Geburtstag feiert.

Ein 40 Jahre alter Mann aus Düsseldorf soll die Werke im Zeitraum von Juni 2015 bis März 2016 bei einer Spedition in München entwendet haben, bei der die Bilder eingelagert waren. Er sei bei der Spedition beschäftigt gewesen und habe deshalb über Insiderwissen verfügt, teilte die Staatsanwaltschaft im vergangenen Herbst mit. Er gab demnach die Werke einem damals 51-Jährigen und dessen 26 Jahre alten Sohn aus Leverkusen weiter, die sie wiederum auf Kunstmärkten anboten.

Teils versuchten sie, die Werke weit unter Wert zu verkaufen. Das gelang aber nur in einem Fall. Bei einem der Verkaufsversuche wurde eine Versicherung hellhörig und informierte die Polizei. Die Beamten stellten fest, dass das angebotene Bild gestohlen worden war. Danach kam rasch der Verlust weiterer Bilder ans Licht. Die drei Verdächtigen, die alle aus dem Speditionsgewerbe stammen, wurden über verschiedene Zwischenhändler im In- und Ausland ausfindig gemacht.

Der Vater sitzt seit seiner Festnahme am 21. August in Untersuchungshaft. Er hatte sich bereits ins Ausland abgesetzt und wurde nach seiner Wiedereinreise dingfest gemacht.