"Musik, Tanz und Literatur aus anderen Regionen" erwartet die Besucher bei dem von André Heller kuratierten Open-Air-Fest am Heldenplatz zur Eröffnung des Weltmuseum Wien am Mittwochabend. Vor seiner ersten Führung durch das in mehrjähriger Umbauarbeit umgestaltete ehemalige Völkerkundemuseum und vor seiner ersten Probe für den 90-minütigen Abend gab Heller Journalisten Einblicke in sein Konzept.

Als er kontaktiert wurde, "ob mir etwas zur Eröffnung einfällt", habe er zwei Gedanken gehabt: Es müsse ein Programm für ein breiteres Publikum sein, und es müssten dabei "ein paar Splitter hörbar und sichtbar gemacht werden, die im Museum nicht berücksichtigt werden können". Das Weltmuseum könne ja auch "Museum der Kulturen" heißen: "In einer Zeit, in der das Fremde so ein Streitpunkt ist, dass sich ganze Kontinente an dieser Thematik zerfleischen, ist das Weltmuseum auch eine Botschaft: Es ist der Ort, an dem das Fremde zu Hause ist. Da hat es einen Platz, wo es nicht vertrieben werden kann. Ein Land wie Österreich braucht einen Ort, wo man das Fremde studieren kann, wo auch die Verwerfungen dieser Thematik wie etwa der Kolonialismus aufgearbeitet werden."

Er selbst werde nur begrüßen und dabei auch an die Geschichte des Heldenplatzes erinnern. Die Moderation übernimmt Christoph Wagner-Trenkwitz, "denn da braucht man jemanden, der improvisieren kann. Wir haben ja nur einen einzigen Nachmittag Probe. Das sind ja vier Ritte über vier Bodenseen!" Bundespräsident Alexander Van der Bellen sowie KHM-Generaldirektorin Sabine Haag werden sprechen, Adele Neuhauser wird zwischen "Gesängen, Tänzen und Liedern aus anderen Regionen" Gedichte aus unterschiedlichen Regionen lesen.

Hip Hop und Obertongesang

"Wir haben aus Australien Aborigines, die ihre noch immer lebendige Kultur in einer Performance sichtbar und hörbar machen. Wir haben aus Indien eine Katakali-Tänzerin und einen jungen Hip-Hopper, der dort eine Talente-Show gewonnen hat. Die beiden tanzen dann miteinander. Dann haben wir Mongolen mit ihren Obertongesängen. Die verbünden sich wieder mit Franzosen und bringen eine Raserei von Rhythmen und Melodien auf die Bühne. Das ist ja auch so ein wichtiges Thema: Was bringt uns das Fremde? Wie nehmen wir es auf? Wie integrieren wir es in unser eigenes Denken?", gab der in Wien und Marrakesch lebende österreichische Weltkünstler Einblicke in die Show, für die - inklusive zusätzlicher Sponsoren - ein Budget von "etwas über 100.000 Euro" zur Verfügung gestanden sei. "Wir haben auch zwei Geflüchtete, die in Wien leben. Und wir enden mit einer österreichischen Gruppe, Federspiel, weil vielen auch Österreich in seinen Zwischentönen fremd ist. Das Fremde ist überall."

Familiäre Gründe

André Hellers Engagement für das Weltmuseum Wien hat auch private Gründe: "In meiner Kindheit war es essenziell, dass ich die Enge, die ich in meiner Familie empfunden habe, an drei Orten entschieden verlassen konnte: im Palmenhaus, wo die Pflanzen aus der ganzen Welt waren, wo ich in den Tropenzimmern gesessen bin und im Winter in den Schnee rausgeschaut habe und mich geborgen gefühlt habe zwischen den Baumfarnen und den fleischfressenden Pflanzen; das Kunsthistorische Museum, wo ich gesehen habe, dass es nicht nur Gespräche über Kitzbühel und Gutenstein, sondern auch Gemälde von Arcimboldo und Velazquez gibt; und dann das Völkerkundemuseum am Heldenplatz, wo hinter den Türen tausende Nuancen, Farben, Rituale, Masken, Gewänder, Gegenstände waren, die mir alle gesagt haben: Wenn du irgendwann einmal die Chance hast: Geh raus in die Welt. Und das habe ich ganz früh begonnen zu tun. Das waren die Teaser für diese Thematik."

Dass das Weltmuseum als "Haus der Welt-Geschichten" mit dem "Haus der Geschichte Österreich" (HGÖ) "das Haus der lokalen Geschichte" zum Nachbarn bekommen wird, findet Heller grundsätzlich nicht schlecht: "Ich kenne den Inhalt nicht. Ich maß mir da kein Urteil an. Ich kann nur sagen, dass die Österreicher keine Spezialisten im aus der Geschichte Lehren Ziehen waren. Daher kann ihnen ein Haus der Geschichte, das ihnen das Eigene so versucht zu erklären wie das Weltmuseum das Fremde, sicher nicht schaden - wenn es gut aufbereitet ist."

Die jüngsten Nationalratswahlen hätten ihn "nicht überrascht", erklärte Heller. "Das einzige, was ich unfassbar finde, ist der Rausschmiss der Grünen. Obwohl noch drei Tage zuvor in allen Zeitungen gestanden ist, dass es jährlich neun Millionen Tote aufgrund der Klimakatastrophe gibt. Das ist der größte Krieg, mit den meisten Toten." Doch er wolle "keinen Vorschuss auf Zores nehmen": "Sollen sie einmal eine Regierung machen, dann schauen wir, was die Regierung zusammenbringt. Natürlich wäre es mir lieber, es wären die, die so ticken wie ich. Aber die gibt es ja in der offiziellen Politik nicht allzu häufig."

Nach dem Eröffnungsfest am Heldenplatz wird das Weltmuseum Wien am Mittwoch (25.10.) bis 1 Uhr früh bei freiem Eintritt geöffnet sein. Auch am 26. Oktober, dem Nationalfeiertag, ist das Haus von 13 bis 21 Uhr gratis zugänglich. Nähere Infos: www.weltmuseumwien.at