Hinter der Zukunft der traditionsreichen archäologischen Grabungen unter österreichischer Leitung im antiken Ephesos stehen aufgrund diplomatischer Spannungen mit der Türkei derzeit große Fragezeichen. Die für den Sommer geplante Hauptkampagne wird nun definitiv nicht stattfinden, erklärte Grabungsleiterin Sabine Ladstätter. Man hoffe aber noch auf den Herbst, sagte sie zur APA.

Nachdem im vergangenen September die vorzeitige Einstellung der archäologischen Arbeiten in Ephesos durch das türkische Außenministerium veranlasst wurde, warte man weiter auf die Arbeitsgenehmigung für die österreichischen Grabungen, die mit einzelnen Unterbrechungen seit mehr als 120 Jahren in der zum UNESCO-Weltkulturerbe zählenden antiken Metropole im Westen der Türkei stattfinden. Normalerweise wurden diese Genehmigungen für den Sommer von den Behörden rund um den März erteilt, so die Leiterin des für die Grabungen zuständigen Österreichischen Archäologischen Institut (ÖAI) der Akademie der Wissenschaften (ÖAW). "Wir haben inzwischen eine Verzögerung von drei Monaten, hoffen aber doch, dass wir noch zu einer Genehmigung kommen und zumindest noch eine kleine, reduzierte Herbstkampagne durchführen können", sagte Ladstätter.

Man sei zwar weiter Lizenzträger der Ephesos-Grabung. Momentan verbiete das türkische Außenministerium jedoch österreichischen Wissenschaftern in der Türkei tätig zu werden. Seitens des ÖAI wurden trotzdem alle notwendigen Vorkehrungen getroffen, man stehe sozusagen jederzeit für einen Einsatz bereit, betonte Ladstätter. Damit sich eine etwaige Grabung im Herbst noch ausginge, müsste eine endgültige Entscheidung bis spätestens Mitte August einlangen.

Von sämtlichen Aktivitäten ausgeschlossen

Betroffen von der Blockade der österreichischen Aktivitäten seien aber nicht nur die Grabungen in Ephesos, sondern alle Kooperationsprojekte mit heimischer Beteiligung. Österreicher, die etwa an anderen türkischen Grabungen beteiligt sind, warten also ebenfalls durchgehend auf Arbeitsgenehmigungen. "Das Problem ist also ein viel Größeres. Wir sind derzeit ausgeschlossen von sämtlichen archäologischen Aktivitäten in der Türkei, während die anderen Nationen Grabungsgenehmigungen bekommen haben", betonte Ladstätter, die darin mittelfristig einen großen Nachteil bei Forschungsförderanträgen sieht.

Mit den für Wissenschaft und Kultur zuständigen türkischen Behörden gebe es weiter "ein hervorragendes Einvernehmen. Die Blockade ist eine außenpolitische", so die Grabungsleiterin. Auch türkische Wissenschafter-Kollegen hätten mehrfach betont, weiter kooperieren zu wollen. Angesichts dessen wünscht sich Ladstätter, dass die Forschung künftig aus dem politischen Zwist herausgehalten wird.

Da die Möglichkeit, dass sich die Grabungen heuer verzögern oder ganz ausfallen, schon länger im Raum steht, habe man am ÖAI auch einen Plan, um die Ressourcen heuer anderwärtig einzusetzen - etwa für die Digitalisierung der Archive und die Aufarbeitung eines gewissen Publikationsstaus. Es sei allerdings ein Trugschluss, dass Archäologen einfach nahtlos andernorts eingesetzt werden können. Ladstätter: "Das ist, wie wenn man einem Unfallchirurgen sagen würde: Ab morgen bist du Augenarzt."