Athen, Florenz, London, Essen: Maria Lassnigs Werke waren und sind derzeit viel gefragt. Über ganz Europa verteilte Ausstellungen widmen sich dem Oeuvre der österreichischen Malerin. Und nun gesellt sich auch die Albertina, die schon die Schau in den Uffizien maßgeblich bestückt hat, zum Reigen hinzu: Mit "Zwiegespräche" sind ab Freitag Zeichnungen und Aquarelle der Künstlerin zu sehen.

Die rund 80 Arbeiten in den Tietze Galleries des Hauses sind sozusagen ein "Präludium" zur großen, für 2018 anlässlich des 100. Geburtstags der 2014 verstorbenen Malerin geplanten Retrospektive, unterstrich Albertina-Direktor Klaus Albrecht Schröder. "Wir haben diese Schau zu einem Zeitpunkt ins Auge gefasst, als Maria Lassnig noch gelebt hat", erklärte er bei der Presseführung am Donnerstag. Nun habe man sie, auch dank einer fruchtbaren Zusammenarbeit mit der Lassnig-Stiftung, realisieren können.

Maria Lassnig, Das Geschrei des Eichelhähers, 1982
Maria Lassnig, Das Geschrei des Eichelhähers, 1982 © (c) © Albertina, Wien

Streng chronologisch

Und für die Besucher bieten die bis 27. August ausgestellten Kunstwerke einen durchaus neuen Blick: Streng chronologisch geordnet, begegnet man etwa im ersten Raum Einflüssen von Surrealismus oder Kubismus in Lassnigs Arbeiten. Aber schon Anfang 20 war es der eigenen Körper, waren es die eigenen Empfindungen, die sich zum vorherrschenden Narrativ herausarbeiteten. Anhand von Stationen in Paris, New York und Berlin geht es folglich Schritt für Schritt weiter in der Entwicklung, kristallisiert sich Lassnigs typischer Stil doch immer stärker und direkter heraus. "Als Begründerin der 'body awareness' zieht sich diese als Konstante von ihrem Früh- bis zum Spätwerk", so Schröder. "Dennoch gibt es gewaltige stilistische Unterschiede."

Gleichzeitig verbindet sie, etwa in den amerikanischen Jahren, als sie sich auch dem experimentellen Zeichentrickfilm widmete, Inneres mit Äußerem. Da trifft man etwa auf "Fernseh-Sex", der sich hier ganz wortwörtlich darstellt, oder ein Selbstporträt als "Playboystuhl". Schräg gegenüber hängt die vierteilige Serie "The Murder Of ML", die wie ein Storyboard anmutet und beinahe behutsam eine ungeheure Sogwirkung erzeugt. Andererseits offenbaren einige Arbeiten höchst persönliche, biografische Bezüge - etwa das "Letzte Bild meiner Mutter".

Wichtiges Element

Die Zeichnung an sich war für die Künstlerin jedenfalls ein wichtiges Element, betonte Kuratorin Antonia Hoerschelmann. "Damit ist man der Idee am nächsten." Im Unterschied zu den oft großformatigen Ölgemälden habe Lassnig dabei nach eigenen Angaben bequemer an die Arbeit herangehen können, wodurch sich "feinsinniger die Spannung aufbauen ließ, um mit der Bleistiftspitze dieses Element zu übertragen". Diesem durchaus flüchtigen Charakter setzen die Aquarelle einen oft farbenfrohen, jedenfalls bestens korrespondierenden Kontrapunkt. Hier ist es jene Maria Lassnig, die vielen nur zu geläufig sein dürfte - mit oft schmerzhaft-direktem Ausdruck, eine Übersetzung für scheinbar unübersetzbare Gefühlsregungen findend.

Maria Lassnig, Juni 1983
Maria Lassnig, Juni 1983 © (c) Kurt-Michael Westermann

Für die Albertina ist die Schau wohl auch insofern ein Glücksfall, als man nicht zuletzt dank eines Fundraising-Dinners sieben Arbeiten der Lassnig-Stiftung erwerben konnte. Und ein Ende der Lassnig-Festspiele ist mittelfristig nicht abzusehen. Diese "Zwiegespräche" werden nämlich in knapp einem Jahr auch das Kunstmuseum Basel bevölkern.