Sie sehen aus wie Gemälde und sind doch Fotografien. Sie stellen zerstörte und übernutzte Landschaften dar - und sind doch von einer Anmut, die stutzig macht. Edward Burtynsky zeigt seine weltbekannten Naturaufnahmen ab morgen, Donnerstag, im Kunsthaus Wien. "Es sind die visuellen Dokumente einer menschlichen Komposition", sagt der Kanadier im APA-Interview.

Der Zweifel an der Echtheit der Bilder werde oft an ihn herangetragen, so Burtynsky. Der Trick ist der Maßstab und der Ausschnitt: Aus großer Ferne, oft per Helikopter oder Drohne aufgenommen, und dann im Bildausschnitt penibel ausgewählt, muten die Bilder an, als wären sie nicht von dieser Welt. Das Gegenteil ist der Fall. "Ich antworte dann immer: Ich kann dich mitnehmen und es dir zeigen. Ich bin Künstler, aber mein Werkstoff ist die Realität." Ein vertrocknetes Flussdelta verzweigt sich in die Verästelungen eines Ornaments, überackerte Felder bilden geometrische Muster, der leere Owen's Lake, dessen Wasserreserven von der Großstadt Los Angeles aufgebraucht wurden, schwingt sich in eleganten Kurven in die Tiefe.

Unbequeme Wahrheiten

Dass die Bilder unbequeme ökologische Wahrheiten dokumentieren, kann dabei sowohl die Haupt- als auch die Nebensache sein. "Es gibt eine Skepsis gegenüber dem Ästhetischen - aber niemand würde Shakespeare vorwerfen, dass er düstere Geschichten in schöne Worte verpackt hat", sagt Burtynsky. Seine Geschichte ist in den drei Dekaden seines Schaffens die gleiche geblieben: Die Nutzung der Natur durch den Menschen. Mit Minen hat er sich jahrelang beschäftigt, auch mit Öl, dann mit Wasser - "der Schlüsselfigur in diesem Theaterstück". Der Zyklus, an dem er mehrere Jahre auf der ganzen Welt gearbeitet hat, wurde auch bereits auf der ganzen Welt gezeigt. Mit Ausnahme der Ölkatastrophe am Golf von Mexiko handelt es sich bei seinen Schauplätzen nicht um Unfallsorte - "sondern um Design", so der Fotograf.

Dass sich ihm auch in Ländern wie China oder Indien die Türen öffnen, wenn es um Fotogenehmigungen geht, hat vermutlich mit seinem zurückhaltenden Ansatz gegenüber der ethischen Wertung zu tun. "Ich halte nichts von klaren didaktischen Botschaften. Die Bilder sollen eine offenbarende, keine anklagende Wirkung haben." Dass die Lebensweise des städtischen, hochzivilisierten Menschen dem Planeten gefährlich knapp an die Ressourcen geht, zeigt er schonungslos, aber in großer Ruhe, die den erhobenen Zeigefinger vermeidet. "Es ist ja nicht so, als ob wir mit unserer Lebensart einfach aufhören könnten."

Stattdessen ging die Entwicklung zur systematischen Nutzbarmachung der Natur - in diesem Fall: des Wassers - für das menschliche Leben rasend schnell, "und in eine Größenordnung, die noch vor 200 Jahren unvorstellbar gewesen wäre", sieht Burtynsky "eine neue Ära in der Geschichte des menschlichen Bewusstseins" . Und er zitiert den US-Biologen Edward Osborne Wilson: "Das wahre Problem der Menschheit ist folgendes: wir haben paläolithische Emotionen, mittelalterliche Institutionen und gottgleiche Technologie."