Vom Plakat zu "Acting for the Camera", der jüngsten Fotoausstellung der Wiener Albertina, lacht Romy Schneider. 1964 von Fotografenlegende Will McBride in Paris in Szene gesetzt, lehnt die damals 25-jährige Schauspielerin leger auf einem Sofa, wirft ihren Kopf zurück; die Augen geschlossen, den Mund zu einem breiten, ansteckenden Lachen geöffnet. Spontaner Lachanfall oder betont sympathische Pose?

Um verschiedenste Formen der (Selbst-)Inszenierung von Modellen vor der Fotokamera geht es  in der nunmehr dritten Präsentation der Albertina-Fotosammlung in den hauseigenen Galleries for Photography. Die Sammlung gehörte zu den ältesten der Welt, sagte Walter Moser, der die Ausstellung gemeinsam mit Anna Hanreich und Astrid Mahler kuratiert hat, bei einer Presseführung am Dienstag. Bereits ab den 1850ern sei intensiv gesammelt worden; um 2000 wurde die Tätigkeit unter Direktor Klaus Albrecht Schröder wiederbelebt und eine eigene Fotosammlung gegründet.

160 Jahre Fotografie

Die Zeitspanne der 120 ausgewählten Werke reicht dann auch von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis in die Gegenwart, bildet verschiedenste technische Verfahren und Methoden ab und macht rote Fäden in der Fotografiegeschichte sichtbar - nicht zuletzt die verschwimmende Grenze zwischen Authentizität und Inszenierung. Die Übergänge zwischen den sechs thematischen Schwerpunkten - Bewegungsstudien, Studienvorlagen, Tanz, Tableaux Vivants, Schauspielerporträts und Aktionistische Inszenierungen - sind dementsprechend fließend.

Bei der Frage der Autorenschaft spannt "Acting for the Camera" einen Bogen von der ganz und gar untergeordneten bis zur dominanten Rolle von Fotomodellen: So posierten anonyme Frauen um 1890 für wissenschaftliche Bewegungsstudien oder Aktvorlagen für Maler nach präzisen Anweisungen von Fotografen wie Ottomar Anschütz, der mit dem Verkauf von Körperstudien als erotische Akte gleichsam den Absatz in die Höhe trieb.

Imagepflege

Anfang des 20. Jahrhunderts hingegen kollaborierten Tänzerinnen intensiv mit Fotografen, um ihre Aufführungen medial zu vermarkten, während Film- und Theaterschauspieler das Medium bewusst einsetzten, um ein Image zu konstruieren: Romy Schneider und Will McBride etwa nutzten "seriell performative Aufnahmen, um Romys schauspielerische Bandbreite und Persönlichkeit herauszuarbeiten", so Moser. Der Maler Arnulf Rainer schließlich ließ seinen eigenen Körper neutral ablichten, definierte später den finalen Bildausschnitt, übermalte das Werk - und wies daher erst gar keinen Fotografen aus.

Im Schoße der Natur, 1923 von Rudolf Koppitz
Im Schoße der Natur, 1923 von Rudolf Koppitz © albertina, wien

Malereieffekt

An Tanzstudien aus der Frühzeit des modernen Ausdruckstanzes sei laut Moser dann auch der Versuch abzulesen, Fotografie als künstlerisches Medium zu etablieren. So wand Rudolf Koppitz bei seiner "Bewegungsstudie" vierer russischer Balletttänzerinnen im Jahr 1926 den mehrfarbigen Gummidruck an, um einen weichen Malereieffekt zu erzielen. Mit freiem Auge (eines Laien) nicht erkennbar ist, dass der österreichische Fotograf den ausgestellten Fuß einer Tänzerin nachträglich dazu malte - womöglich wegen mangelhafter Belichtung. Josef Anton Trčka indes ließ sich bei seinen innovativen Porträts stark von expressionistischem Tanz inspirieren: Charakteristisch ist die expressive Handgeste abgebildeter Tänzerinnen, aber auch von Egon Schiele in einem berühmten Porträt, das für die Schau großflächig auf eine Wand gedruckt wurde.

Egon Schiele, 1914 von Anton Josef Trčka
Egon Schiele, 1914 von Anton Josef Trčka © albertina, wien

Mit zahlreichen zu entdeckenden Parallelen über rund 160 Jahre Fotografiegeschichte hinweg ist "Acting for the Camera" stimmig und kurzweilig aufgebaut - inklusive willkommenem Augenzwinkern dank manch früher Täuschungsmanöver oder auch Erwin Wurms "One Minute Sculptures". Die breite Thematik könnte freilich noch weitergesponnen, die Auswahl um wichtige Protagonistinnen wie Cindy Sherman ergänzt werden, merkte Moser an. So reichhaltig die Bestände der Albertina sind, so deutlich zeige eine derartige Präsentation "auch Lücken in der Sammlung auf, die man in einer Sonderausstellung durch Leihgaben schließen würde".