"Warum jetzt Lawrence Alma-Tadema im Belvedere?" Die neue Direktorin Stella Rollig stellt die Frage selbst, weshalb dem Historienmaler nun im Unteren Belvedere eine große Ausstellung gewidmet ist. Schließlich ist der Name des gebürtigen Niederländers eher Kunstkennern ein Begriff. Seine Bilder hingegen wirken auch dem heutigen Betrachter überraschend vertraut, wie die eindrückliche Schau zeigt.

"Jetzt können wir nach der intensiven Aufarbeitung der Künstler der klassischen Wiener Moderne auch über den Tellerrand blicken", freute sich Kurator Alfred Weidinger am Donnerstag vor Journalisten. Und da bietet sich der Genrespezialist Alma-Tadema durchaus an, hatte er doch starken Einfluss auf Künstler wie Gustav Klimt, wenn man an dessen Arbeiten für die Wände und Decken des Burgtheaters denkt. Er prophezeie Alma-Tadema, dessen "Auffindung Mose" schon 30 Mio. Euro Auktionswert erreichte, jedenfalls eine glänzende Zukunft, so Weidinger: "Sein Höhenflug hat erst begonnen - der wird sich noch weiter fortsetzen."

Die Herkunft Alma-Tademas, der als Friese in Brüssel sozialisiert und in Großbritannien gefeiert wurde, überrascht, blickt man auf die lichtdurchfluteten, mediterranen Landschaften und Szenerien. "Man erkennt es nicht an den Bildern, aber am Namen: Lawrence Alma-Tadema ist ein Mann aus Friesland", unterstrich Kris Callens, Direktor des niederländischen Fries Museums, wo die Schau zuerst zu sehen war. Nach Wien wird sie ans Londoner Leighton House weiterreisen.

Mit seinen Alltagsszenen aus der antiken Welt und den farbgewaltigen mythischen Sequenzen aus dem alten Rom, Pompeji oder Ägypten heizte der Maler einst die Antikenbegeisterung des viktorianischen England an. Alma-Tadema zeigt bei aller Idealisierung reale Menschen und galt zugleich als Kenner von Interieur und Architektur der Zeit.

Damit wurde er früh zur Inspiration für das aufstrebende Medium Film und beeinflusste die Dekors der frühen italienischen Historienschinken der Stummfilmära ebenso wie spätere Werke, darunter Ridley Scotts "Gladiator", was in der Ausstellung durch die Gegenüberstellung von Filmausschnitten und Werken verdeutlicht wird. Überhaupt belässt man es nicht ausschließlich bei den überraschend kleinformatigen Gemälden, zeigt man doch auch Entwürfe für Theaterarchitektur oder eine Nachempfindung der Vorzimmerwand des Künstlers, die von schmalen, hochformatigen Gemälden geschmückt war, von denen sich zwölf in Wien finden.

"Die Ausstellung hat uns viel zu erzählen über eine spannende Epoche der Kunstgeschichte, einer Zeit, die viel mit unserer zu tun hat", unterstrich auch Belvedere-Chefin Stella Rollig. Schließlich habe Alma-Tadema in einer Epoche massiver Umbrüche, der Ungewissheit gelebt und gewerkt. Zugleich sei frappant, dass sich die Lebensdaten Alma-Tademas (1836 bis 1912) beinahe mit denen von etwa Paul Cezanne (1839 bis 1906) überschnitten - woran man merke, worauf sich der Blick in den vergangenen Jahrzehnten gerichtet habe, während der Historismus beinahe in Vergessenheit geraten seien. "Es ist lohnend, die Kunstgeschichte immer wieder neu zu betrachten und umzugraben", freute sich Rollig entsprechend über die neue Ausstellung.