Wie erst jetzt bekannt wurde, verstarb die Architektin Traude Windbrechtinger-Ketterer im Alter von 94 Jahren. Das gab das Architekturzentrum Wien bekannt. Die gebürtige Grazerin gehörte zu den wenigen weiblichen Protagonistinnen, die mit ihren Bauten die Nachkriegsmoderne nachhaltig mitprägten.

Nach dem Architekturstudium in München und Graz, wo sie 1950 ihre Ausbildung beendete, eröffnete sie 1956 gemeinsam mit ihrem späteren Mann Wolfgang Windbrechtinger ein eigenes Büro in Wien. Gleichzeitig war Traude Windbrechtinger-Ketterer für Roland Rainer tätig, der neben ihren architektonischen vor allem auch ihre zeichnerischen Fähigkeiten ganz außerordentlich schätzte. Ihr gemeinsam mit ihrem Mann im Auftrag der Gemeinde Wien errichtetes Ausflugsrestaurant "Bellevue" in Wien 19 (1960-1963) gehört neben der Stadthalle zu jenen Signature-Gebäuden, mit denen Wien in der zweiten Republik seinen Status einer "Weltstadt" zurückeroberte. Mit dem nachbarschaftlichen Subzentrum "Ekazent" in Hietzing sorgte sie für neue städtebauliche Impulse.

Traude Windbrechtinger-Ketterer
Traude Windbrechtinger-Ketterer © PRIVAT

1954 gehörte sie zu den MitbegründerInnen der Österreichischen Gesellschaft für Architektur, in deren Rahmen sie 1967 federführend mit Viktor Hufnagl die Ausstellung "Neue Städtische Wohnformen" konzipierte. Ihre Vorstellung für innovative Wohnkonzepte konnte Windbrechtinger-Ketterer in ihrer siebenjährigen Tätigkeit an der Wohnanlage "Am Schöpfwerk" einbringen. Gleichzeigt brachte sie der anonymen und regionalen Architektur großes Interesse entgegen. Ihre architektonische Zurückhaltung setzte sie vorbildhaft in den unzähligen Sanierungen u.a. in der Schönlaterngasse 8 und Sonnenfelsgasse 17 ein. Die sanfte Stadterneuerung war ihr neben einer stringenten, klaren und zeitgemäßen architektonischen Haltung ein großes Anliegen.

Das Architekturzentrum Wien übernahm 2005 das Archiv des Ehepaares Windbrechtinger in seine Sammlung und verliert mit Traude Windbrechinger-Ketterer eine Pionierin der Nachkriegsarchitektur, deren eigenständige Leistungen es zu entdecken gilt.