"Dieser Film wird Sie nicht glücklicher machen", stellt Stefan Sagmeister "The Happy Film" voran. Gute Laune macht die sehr persönliche, fantasievolle Glückserforschung des österreichischen Grafikdesigners aber allemal. Am 5. Jänner kommt Sagmeisters zwischen Kunstperformance und Sinnsuche angesiedeltes Filmdebüt, aus dem auch die Erfolgsausstellung "The Happy Show" gespeist wurde, in die Kinos.

Stefan Sagmeister - hier Co-Regisseur, Protagonist und Erzähler in einem - ist jener groß gewachsene Bregenzer mit dichtem schwarzen Haupthaar, der seit mehr als 20 Jahren in seiner Traumstadt New York lebt, mit dem Design von Albumcovern für u.a. die Rolling Stones, Lou Reed und die Talking Heads bekannt wurde und mit seinen Typografien zahlreiche Designpreise gewann. Seit geraumer Zeit wird der 54-Jährige auch mit seinem so simplen wie mutigen Plan assoziiert, alle sieben Jahre das eigene Studio zu schließen, um danach mit frischen Ansätzen zur Arbeit zurückzukehren. Bei eben so einem Sabbatical 2009 in Indonesien entstand neben neuen Büromöbeln auch die Idee zum "The Happy Film" - und mit ihr eine siebenjährige Auseinandersetzung mit dem eigenen Glück.

Die Glückshypothese

Sagmeisters Ausgangsfrage: Kann ich meinen Verstand so trainieren wie meinen Körper; meine Persönlichkeit verändern, um mich selbst glücklicher zu machen? Angeleitet vom Sozialpsychologen Jonathan Haidt, Autor von "Die Glückshypothese", experimentierte Sagmeister jeweils drei Monate lang mit drei Ansätzen: Meditation, kognitive Therapie - und Drogen. Ein Videotagebuch sowie Aufnahmen der Co-Regisseure Hillman Curtis und Ben Nabors halten kleine Erfolge, Rückschläge und Erkenntnisse fest: Langeweile und Rückenschmerzen im Meditationscamp, schmerzhafte Einsicht von Konfliktscheue und Beziehungsunfähigkeit im Therapiezimmer sowie impulsive, berauschende Liebe zu einer viel jüngeren Frau unter Einfluss der Beruhigungstablette Lexapro.

Sagmeister vermittelt das alles uneitel, neugierig und selbstironisch, kommentiert die Ereignisse trocken auf Englisch mit markantem österreichischen Einschlag im Voice-over, lässt Raum für Situationskomik, Wissenschaft und Melancholie und mischt immer wieder zur Situation passende Videos und Bilder bei, die er für das Glück findet: Aus Blättern, Früchten oder Kartenhäusern geformte Wörter bilden Lebensweisheiten, mit Wasser gefüllte Ballons platzen über den Köpfen von Sagmeister und Kollegen, Tänzerinnen auf Bali bilden in einer Choreografie mit gelben Stoffrollen die Aufforderung "Make The First Step".

Die ungeplanten Momente

Am stärksten jedoch wirken die ungeplanten Momente, in denen schlicht das Leben dazwischen kommt, und die teils unangenehm zu beobachten sind: Sagmeisters Konfrontation mit Hillman Curtis etwa, der dem Filmteam seine schwere Krankheit verheimlicht und kurz darauf stirbt. Oder die sichtliche Nervosität Sagmeisters, als er die Aufgabe bekommt, mitten am New Yorker Union Square wildfremde Personen anzusprechen, eine gelbe Blume in der Hand. Inszeniert und entrückt muten da Szenen von Sagmeister und seiner Kurzzeitverlobten an, die bei Besuch der "Happy Show" vor der Kamera über leidenschaftliche versus freundschaftliche Liebe auf Englisch streiten - obwohl sie die Muttersprache Deutsch teilen.

Wer die anregende Mitmachausstellung Ende 2015 im Wiener MAK besucht hat, wird den einen oder anderen Gedankenansatz und viele der Videos bereits kennen. War die "Happy Show" jedoch auf einen allgemeinen Glücksbegriff zwischen Liebe, Arbeit und Selbststimulation ausgerichtet, erzählt der "Happy Film" eine individuelle, unterhaltsame Geschichte, an deren Ende Sagmeister auf seiner "Glücklichkeitsskala" vier Punkte vorwärts gesprungen ist, einiges über sich gelernt und viel von sich preisgegeben hat. Das Ergebnis kann man zynisch als Selbstdarstellung abtun, als vergnügliche 95 Minuten begreifen - oder als Ansporn nehmen, mehr zu wagen, aus der eigenen Komfortzone zu treten und das eigene Glück inmitten beunruhigender, überfordernder Zeiten aktiv zu gestalten. Ein Kinobesuch taugt als erster Schritt.

(S E R V I C E - Die Premierentour von "The Happy Film" führt Stefan Sagmeister am 28. Dezember nach Bregenz, am 29. Dezember nach Innsbruck, am 30. Dezember nach Salzburg, am 31. Dezember nach Linz, am 1. Jänner nach Wien und St. Pölten sowie am 2. Jänner nach Wien. Silvester-Preview inkl. kleiner Überraschung für jeden Gast im Wiener Filmcasino am 31. Dezember um 20 Uhr. www.filmcasino.at, www.thehappyfilm.org)