Das "definitive Dutzend" besteht in dieser Auflistung heuer übrigens in Wahrheit aus 13 Songs - geschuldet der Respektbekundung zweier ganz Großer, die gehen mussten. Viel Genuss beim Durchhören!

Shearwater - Pale Kings

Laute Drums, geradlinige Basstöne und die unverwechselbare Stimme Jonathan Meiburgs stehen am Beginn dieser ganz persönlichen Rückschau auf das Musikjahr 2016.

Die synthetischen Nummern von Shearwaters "Jet Plane and Oxbow" benötigen mehr Anlaufzeit als "Pale Kings", unterscheiden die Indie-Rock-Band aus Austin, Texas, allerdings in den Ohren vieler wohlwollender Kritiker besonders wohltuend von der Konkurrenz. Wie etwa Daniel Welsch meint: "Shearwater spielen mit ausgestellter Theatralik und Künstlichkeit gegen die Authentizitätslüge des Indierock an."

Besnard Lakes - Golden Lion

Für das dichtestmögliche Soundnetz sorgten im Jahr 2016 mit ziemlicher Sicherheit die fantastischen Besnard Lakes.

Die kanadischen Rocker rund um das Ehepaar Olga Goreas und Jace Lasek brachten mit dem wuchtigen Album "A Coliseum Complex Museum" heuer nicht nur das Wiener Chelsea zum Wackeln.

Bear's Den - New Jerusalem

Wir verlassen erst einmal Nordamerika und schlagen inmitten Londons auf, wo Bear's Den mit "Red Earth & Pouring Rain" eines der Alben im Jahre 2016 erdachten. 

Erst 2012 gegründet, reichern Andrew Davie, Kevin Jones und Joey Haynes schon heute in unheimlicher Präzision psychedelischen Rock mit eingängigen Folk-Melodien an.

The Jayhawks - The Dust of Long-Dead Stars

Gary Louris hat's nicht verlernt, im Gegenteil. Mit "Paging Mr. Proust", dem neunten Studio-Album der Band, hat das Hirn der Jayhawks einen der am hellsten leuchtenden Sterne des heurigen Musik-Himmels gesetzt.

Oft im Genre "Alternative Country" angesiedelt läuft die 1985 gegründete "Folk-Rock-Maschine" (Rolling Stone) besser geölt denn je. Leider diesmal wieder ohne On-Off-Bandmitglied & Co-Gründer Mark Olson. 

Tanita Tikaram - Glass Love Train

Dass die in Deutschland geborene Britin mit indischen und malayischen Wurzeln musikalisch viel mehr als "Twist in my sobriety" ist, weiß man. Dass sie an die kommerziellen Erfolge der frühen 90er-Jahre nie mehr anschließen konnte, ist auch kein Geheimnis.

Mit "Closer to the People" und einigem Big-Band-Charme veröffentlichte sie 2016 jedenfalls ein - zurecht - überwiegend mit positiver Meinung bedachtes Werk. Nicht nur den eröffnenden "Glass Love Train" steuert die bodenständige Pazifistin mit jazziger Sicherheit.  

Teenage Fanclub - I'm In Love

Weil es oft am Schwierigsten ist, das Einfache zu tun: Auf das Notwenigste reduzierte Texte, die nie billig und plump sind, dazu Gitarrenzwischenspiele, die auf richtige (Einzel-)Töne anstatt hochkomplexer Läufe setzen. Das ist Norman Blake, Gerard Love und Raymond McGinley heuer nicht nur mit "I'm In Love" gelungen - dort aber besonders gut.

Teenage Fanclub, Zeit- und schottische Landsgenossen von The Jesus and Mary Chain oder Primal Scream, gehört seit den 90er-Jahren zum Inventar der Indie-Rock-Community. Nicht zu Unrecht von Kurt Cobain als "beste" und Liam Gallagher als "nach Oasis zweitbeste Band der Welt" geadelt.

Nick Cave & The Bad Seeds - Girl in Amber

Das tieftraurige Gegenstück zu zuvor Gehörtem liefert Nick Cave, australischer Meister der Metaebene. Die aktuellste musikalische Aufarbeitung seiner leidvollen Geschichte verlangt auch dem Hörenden alles ab.

Während der "Skeleton Tree" mitten in den Aufnahmen war, verunglückte der 15-jährige Sohn tödlich. Vom "melancholischen Höhepunkt im Werk des Musikers Nick Cave" schreibt die deutsche FAZ.  

The Slow Show - Strangers Now 

In der britischen Heimat (zu) wenig geachtet, können Bariton-Perfektionist Rob Goodwin und die Seinigen in vielen Ländern außerhalb der Insel auf eine rasant wachsende Fangemeinde bauen.

2015 erschien "Whiter Water" als Debütalbum, heuer legte The Slow Show mit "Dream Darling" und vielen starken Balladen nach.

Conor Oberst - A Little Uncanny

Liebhaber politischer Songs kennen ihn vielleicht als "Desaparecidos", eine breitere Masse möglicherweise als Gründer der "Bright Eyes". 

Mit "Ruminations" legte der US-Künstler Conor Oberst 2016 ein launiges, akustisches Solo-Album vor, Piano, Gitarre und Mundharmonika reichen für musikalischen Hochgenuss völlig aus. Aufgenommen soll der Singer-Songwriter und Kritikerliebling aus Nebraska das Album übrigens in gerade einmal 48 Stunden haben.

Ebbot Lundberg & The Indigo Children - To Be Continued

In Skandinavien ist Ebbot Lundberg das, was man wohl weitläufig eine Legende nennt. Der 50-jährige Schwede, früher Sänger des erfolgreichen Rock-Exports "The Soundtrack of Our Lives", ließ heuer mit seinem Solo-Album "For The Ages To Come" aufhören.

"To Be Continued" schließt als letzte (Pop-)Nummer das Album, die von Lundberg besungene Botschaft lässt tief und frohlockend blicken: "Here I am again, here I am the only one again. And it's a story that will never end. It's just a story that will never end".

Wild Nothing - Japanese Alice

Den lauten Schlusspunkt der Neuerscheinungen setzen die US-Rocker von Wild Nothing. 2009 gegründet, blicken Jack Tatum & Co. heute bereits auf drei Studio-Alben zurück. 

2016 gehört "Life of Pause", einer einmaligen Wall of Sound und dem wilden Titel "Japanese Alice". "Akzentuierte Soundlandschaften treffen auf euphorischen Pop, fein ausgetüftelte Arrangements auf musikalische Enklaven der Entspannung", urteilt die Wiener Zeitung zutreffend.

Als Bonustracks und mit tiefer Verneigung:

Leonard Cohen - You Got Me Singing (2014)

David Bowie - Heroes (1977)