So deftig war sie durchgefallen, die "Cosi" im Jahr 2013, dass offenbar selbst ihr Macher sich nicht zu einer Wiederaufnahme durchringen konnte. Statt dessen hat Sven-Eric Bechtolf bei den Salzburger Festspielen de facto eine Neuproduktion der Mozart-Oper geliefert. Und siehe da: Auch der zweite Anlauf krankt an szenischer Belanglosigkeit und orchestraler Schwindsucht.

Von der gläsernen Retro-Ausstattung von Rolf und Marianne Glittenberg hat sich Bechtolf ebenso verabschiedet wie vom Haus für Mozart - sowie von fast allen Akteuren auf und unterhalb der Bühne. Die neuen Sänger setzt er in Kostümen aus der historischen Faschingskiste (Mark Bouman), aber sonst ziemlich nackt, in die mächtige Kulisse der Felsenreitschule (Bühne, erstmals: Bechtolf). Als Rückwand wird ab und an ein kitschig bedrucktes Laken aufgespannt, das nicht recht gespannt bleiben will und damit zum Sinnbild einer szenischen Unbeholfenheit avanciert, die fast schon stutzig macht.

Die Bühne der "Cosi fan tutte"
Die Bühne der "Cosi fan tutte" © APA/BARBARA GINDL

Personenführung

Denn freilich versteht Bechtolf sein Regiehandwerk - nämlich dann, wenn es um Details der Personenführung geht, um Slapstick und Grimassen, um Balztänze und gezieltes ohnmächtig werden. Aber mit einem sauber gearbeiteten Gestensalat kann eine "Cosi" nicht über vier Stunden ihr substanzielles Gefühlschaos aufschlüsseln. Eine Charmeoffensive ohne Herz und Hirn, ohne sinnliches Bühnenvergnügen und ohne spannende Deutung wird ganz schnell nur eines: unwesentlich.

Vielversprechend hatte heuer vor allem die Besetzung von Ottavio Dantone am Dirigentenpult ausgesehen. Der Originalklang-Spezialist führte das Mozarteumorchester planvoll und variantenreich, blieb aber Logik und Konsistenz in der Tempoführung schuldig und hielt den Klang dabei schmal an der Grenze zur Hörbarkeit - oder sah sich einer verwaschenen Lautstärke gegenüber, die er nicht zu konturieren wusste.

Sängerensemble

Aus dem Sängerensemble von 2013 war einzig Martina Jankova übrig. Ihre Despina intrigiert sich auf hohem Niveau durch das Stück, ebenso wie ihr Komplize beim Strippenziehen, Don Alfonso, der mit Michael Volle luxuriös besetzt war. Das zentrale Sängerquartett ließ jegliche Gleichrangigkeit vermissen. Die glänzende Patina von Julia Kleiters Sopran sorgte für eine stellenweise überragende Fiordiligi, ganz ordentlich machte ihre Sache auch Angela Brower als patscherte Dorabella. Mauro Peter gab seinem Ferrando in den Arien voluminösen Schmelz, wirkte dazwischen aber gebremst und Alessio Arduini zog als Guglielmo darstellerisch alle Register, blieb stimmlich aber unter Soll.

Julia Kleiter als 'Fiordiligi', Angela Brower als 'Dorabella'
Julia Kleiter als 'Fiordiligi', Angela Brower als 'Dorabella' © APA/BARBARA GINDL

Sie stand von Anfang an unter keinem guten Stern, die Da Ponte-Trilogie, für die Bechtolf ursprünglich von seinem Vorgänger am Salzburger Chefsessel, Alexander Pereira, und gemeinsam mit Franz Welser-Möst engagiert wurde. Zuerst sprang der Dirigent ab, dann fand die Pereira-Zeit ein jähes Ende, und heuer, bei der lange geplanten Wiederaufnahme aller drei Teile, sind von den schönen Plänen vor allem die schlechten Kritiken dreier magerer Mozart-Jahre übrig. Aber wer weiß: vielleicht ist ja das Ganze mehr als die Summe seiner Teile. Das Wiedersehen mit "Don Giovanni" (Premiere am 4. August) und "Le nozze die Figaro" (Premiere am 16. August) wird es zeigen.