Sturm, Donnergrollen und prasselnder Regen - auch in vorelektronischen Zeiten gab es Wettergeräusche auf Opernbühnen. Die kamen nur eben nicht aus dem Lautsprecher. Im Markgräflichen Opernhaus in Bayreuth können Besucher künftig hören, wie einst akustische Effekte erzeugt wurden. Der frisch sanierte Prachtbau bekommt seine barocke Bühnentechnik zurück - als originalgetreue Nachbauten.

Nach der Wiedereröffnung des Opernhauses Mitte April kommen sie bei einer Konzertreihe zum Einsatz. Anschließend sollen sie in einer Ausstellung zu erleben sein, wie Ingo Berens von der bayerischen Schlösserverwaltung sagte.

In der Werkstatt von Schloss Eremitage in Bayreuth haben die Schreiner in den vergangenen Wochen gesägt, geschraubt und vor allem gelauscht, um Wind-, Regen- und Donnermaschinen zu fertigen. Das Regengeräusch entsteht durch Erbsen, die über Blechplatten in einen zwei Meter tiefen Holzschacht rieseln. Für Wind und Sturm sorgt ein Segeltuch, das über einen hohlen, sich drehenden Holzzylinder gespannt ist. Das Donnergrollen erzeugen Holzkugeln, die durch einen auf- und abwippenden Kasten aus Eichenholz poltern.

Bauherrin Markgräfin Wilhelmine von Bayreuth (1709-1758) hatte das Opernhaus anlässlich der Hochzeit ihrer Tochter 1748 einweihen lassen. Die Lieblingsschwester Friedrichs des Großen war preußischen Prunk gewöhnt und brachte diesen in das ihrer Ansicht nach zu provinzielle Bayreuth. Bis heute ist das Opernhaus eines der größten und besterhaltenen seiner Art in Europa. "Von der Bühnenmaßen her steht es auf einer Stufe mit der Bühne von Schloss Versailles", sagt Klaus-Dieter Reus. Der Theaterexperte forscht seit 25 Jahren zur barocken Bühnentechnik und hat die Handwerker beraten.

Die Wahl der Regentropfen

Für die Schreiner, die in der Regel für Sitzbänke, Pflanzkübel und andere Gartenanlagen im Schloss Eremitage zuständig sind, sei das ein besonderes Projekt gewesen, sagte Berens. Im Grunde hätten sie ja keine Maschinen gebaut, sondern Instrumente. Deswegen sei es wichtig gewesen, den besten Klang zu erreichen. Das habe sich bei der Bespannung der Windmaschine, der Wahl der "Regentropfen" und der Holzkugeln für den Donner gezeigt. "Das war eine große Tüftelei."

1993 hatte der frühere Geschichtslehrer Reus mit einer Gruppe Schüler zur Bühnentechnik zu recherchieren begonnen. In Bayreuth waren die letzten Teile der ursprünglichen Bühnenmaschinerie in den 1960er Jahren aus dem Opernhaus entfernt worden. Fündig wurde die Gruppe aber in Schloss Drottningholm in Stockholm, wo noch die originale barocke Bühnentechnik erhalten ist und bespielt wird. Anhand dieser Vorbilder rekonstruierten die Schüler Regen-, Donner- und Windmaschine und erarbeiteten eine Ausstellung.

Europaweite Tour

Das Projekt nahm ungeahnte Ausmaße an. Im Laufe von 20 Jahren baute Reus mit mehreren Schülergenerationen Theatertechnik nach, im Handarbeitsunterricht nähten sie Barockkleider und im Sport probten sie zeitgemäße Tänze. Die Ausstellung ging europaweit auf Tour. Die Maschinen waren unter anderem in Salzburg, Kopenhagen und Bologna zu sehen. In Moskau wurde die Ausstellung in russischer Sprache präsentiert.

"Irgendwann war das im normalen Schulalltag kaum noch zu bewältigen", blickt Reus zurück. Seit 2011 ist er im Ruhestand. Das Bühnenprojekt hat er an den Verein "Initiative Theatermuseum" in Berlin abgegeben, der die Ausstellung in ein Museum integrieren möchte. Gerade mit Beginn des G8 sei ein solcher Kurs kaum noch durchführbar gewesen, sagt der Ex-Lehrer. Zumal die Schüler auch selbst zu den Ausstellungsorten gereist sind, um die Maschinen auf- und wieder abzubauen, so dass sich ihre Fehlzeiten im Unterricht häuften, Klausuren verschoben werden mussten und er selbst von Kollegen vertreten werden musste.

Jedoch: Sein Ziel, Geschichte begreifbar zu machen und Schüler für das Theater zu begeistern, hat er erreicht. Dafür ist er unter anderem von Königin Silvia in Stockholm ausgezeichnet worden - natürlich auf der Bühne des Barocktheaters von Schloss Drottningholm.

Das Markgräfliche Opernhaus gehört seit 2012 zum Weltkulturerbe der Unesco und ist für rund 30 Millionen Euro vom Freistaat saniert worden. Im benachbarten Redoutenhaus entsteht ein Opernhausmuseum, in dem dann auch die Bühnenmaschinerie präsentiert werden soll.