Anja Harteros ist so etwas wie Frau Fortuna: Sie ist stets ein Glück für Dirigenten, Orchester, Liedbegleiter, aber vor allem für das Publikum. Gerade auch in Salzburg.

In Mozarts „Idomeneo“, für die Sommerfestspiele 2006 vom Regiepaar Herrmann in Szene gesetzt und von Sir Roger Norrington pastos dirigiert, torkelte die Deutsch-Griechin in der mit Hürden gespickten Paradepartie der Elettra grandios zwischen Mut, Wut und Verzweiflung. Und im Sommer 2013 bildete sie in Verdis „Don Carlo“, von Antonio Pappano erstklassig geleitet und von Regiealtmeister Peter Stein schnörkellos inszeniert, mit Tenor Jonas Kaufmann ein Traumpaar.

Auch bei den Osterfestspielen ist die elegante, groß gewachsene Sopranistin längst gern gesehener Bühnengast. 2014 wurde Harteros heftig bejubelt, als sie die von Todesahnungen durchtränkten „Vier letzten Lieder“ von Richard Strauss - „Malven“ dabei instrumentiert von Wolfgang Rihm - souverän und mit Noblesse sang. Und im Vorjahr, zum 50-Jahr-Jubiläum des Festivals, war sie in Richard Wagners „Walküre“ eine mädchenhaft blühende, nuancenreiche, hochemotionale Sieglinde mit ungetrübten Höhen und einer darstellerischen Stärke, die auch die Verletzlichkeit der Figur durchschimmern ließ.

Es kann also nicht viel schiefgehen, wenn die 45-Jährige heute (24. März)  bei den Osterfestspielen die Tosca gibt. In der Titelpartie von Giacomo Puccinis Oper aus dem Jahr 1900 ist die virtuose Sängerin schon in aller Welt bejubelt worden. Mit kongenialen Partnern wie dem lettischen Spinto-Tenor Aleksandrs Antonenko als Cavaradossi oder dem französischen Bariton Ludovic Tézier als Scarpia, mit der Sächsischen Staatskapelle Dresden und Christian Thielemann am Pult ist es kein Hochrisiko, dramatische Funkenflüge vorauszusagen.
„Tosca“ ist für den künstlerischen Leiter der Osterfestspiele ein Paradebeispiel für „ungezügelte Leidenschaft, noch direkter als bei ,Tristan und Isolde'“. Die Oper sei für ihn ein „Krimi“. Das sieht auch Michael Sturminger so, mit dem Thielemann dem Vernehmen nach sehr konstruktiv probt. Der Wiener Regisseur schätzt Puccinis Meisterwerk auch deshalb, „weil es so präzise und knallhart und in einer kompakten Dramaturgie möglichst viele Gefühle und Gefühlswechsel der Protagonisten wie durch ein Brennglas bündelt“.

Gerade recht für Anja Harteros, vom Fachmagazin „Opernwelt“ 2009 und 2017 zur „Sängerin des Jahres“ gekürt. Sie hat zwar mit dem Begriff „Diva“ so gar nichts am Hut und bezeichnet sich selbst als „irgendwie scheuen Menschen“, gilt aber mit ihrem wunderbar warmen, weichen, fließenden Sopran vielen als „Opernkönigin“, als „Stradivari unter den Stimmen“.

Auch Thielemann lobt Anja Harteros im Vorfeld der „Tosca“ einmal mehr für „ihre Geschmackssicherheit, ihre unglaubliche Natürlichkeit in allen Rollen, ihre Nichtexaltiertheit, ob als Mensch oder Künstlerin - sie ist einfach ein rarer Glücksfall“. Frau Fortuna eben.

Anja Harteros (Tosca) und Ludovic Tézier (Scarpia) in Giacomo Puccinis Oper 'Tosca' bei den Salzburger Osterfestspielen
Anja Harteros (Tosca) und Ludovic Tézier (Scarpia) in Giacomo Puccinis Oper 'Tosca' bei den Salzburger Osterfestspielen © APA/BARBARA GINDL
Katia und Marielle Labèque spielen Mozarts Es-Dur-Konzert für zwei Klaviere
Katia und Marielle Labèque spielen Mozarts Es-Dur-Konzert für zwei Klaviere © KK