Wenige wissen, dass der Pianist Dieter Glawischnig einst auch Posaune gespielt hat. Wann haben Sie darauf den letzten öffentlichen Ton erzeugt?

Dieter Glawischnig: Das war Ende der 70er. Zuerst habe ich ja Trompete gespielt, aber ich hatte immer Ansatzprobleme in der Höhe. Dann bin auf Posaune umgestiegen und habe recht gut gespielt.
Ich war damals sogar Gast-Substitut in der ORF-Big Band bei Fatty George und Karel Krautgartner. Ich habe dann auch ein schriftliches Angebot erhalten, in die ORF-Big Band einzusteigen, aber da war ich schon in Graz als Korrepetitor am Opernhaus beschäftigt, und die Jazzabteilung hat sich auch so langsam entwickelt

Und wie war das jetzt genau mit der Gründung der Grazer Jazzabteilung, dessen Leiter Sie einst waren?

Dieter Glawischnig: Das war ja so: 1965 wurde dieses Institut für Jazz mit Forschung und Praxis gegründet und 1968 haben wir es geteilt in Forschung und das „Seminar für Jazzpraxis“, wie das damals hieß. Im Jahr 1971 wurde dann die damalige Akademie zur Hochschule erhoben, und dann hieß es „Abteilung Jazz“. Den Praxisbetrieb habe ich von 1968 bis 1975 geleitet.

Wer Dieter Glawischnig sagt, muss auch The Neighbours sagen. Dieses legendäre Trio war einst mit seinem motivisch gebundenen Free Jazz der Zeit voraus und feierte internationale Erfolge. Wurde das auch im Lande selbst so erkannt?

Dieter Glawischnig: Am Anfang nicht, aber als wir dann die großen Tourneen gemacht hatten, Süd- und Nordamerika, New York, große deutsche Festivals und so weiter, dann hat es sich auch in Österreich herumgesprochen. Und dann vor allem nach der Arbeit mit Anthony Braxton und den anderen Chicagoern wie Fred Anderson oder Bill Brimfield, aber auch mit einigen Deutschen wie Albert Mangelsdorff, Gerd Dudek oder Manfred Schoof, mit denen wir auch in Graz einige Male zusammen gespielt hatten.

Kann man sagen, die Etablierung der NDR-Big Band als eine Jazzband und die Gründung der Jazzabteilung an der Musikhochschule Hamburg waren die wichtigsten Baustellen Ihres Lebenswerkes?

Dieter Glawischnig: Ja, das kann man schon sagen. Und dann vielleicht auch noch die ersten sieben Jahre als Abteilungsleiter der Jazzpraxis in Graz. Aber Hamburg, das war dann schon etwas ganz Besonderes. Dort konnte man nämlich die Praxis im NDR – Hamburg war ja Anfang der 80er so etwas wie das Jazz-Mekka – mit der Theorie und Pädagogik verbinden, was mich immer schon interessiert hat. Der ORF hat damals für die Jazzer ja sehr wenig gemacht.

In Hamburg haben Sie ja auch Ihre Band Cercle gegründet. War das immer schon ein Trio?

Dieter Glawischnig: Nein, das war zuerst ein Quintett, und dann hat sich mit großer Freude ein Trio mit dem Schlagzeuger Tony Oxley herauskristallisiert. Den hatten wir schon vorher zu einigen Produktionen mit der NDR Big Band eingeladen. Das war ja das Interessante daran: vom gehobenen besten Mainstream bis in die Avantgarde mit Braxton, Oxley und was weiß ich, wen wir alles hatten. Dieses Trio war dann auch recht aktiv in New York und auf einer England-Tour.

Sie haben immer auch schon die Zusammenarbeit mit Literaten gesucht, Ernst Jandl und auch einige Vertreter der „Grazer Gruppe“ wie Gunter Falk zählten dazu. Waren diese am jazzkompatibelsten?

Dieter Glawischnig: Erstens war´s meine Liebe zur Literatur im Allgemeinen und dann natürlich zu Leuten, die ich im Forum Stadtpark kennen gelernt habe wie Jandl, Falk und andere. Dann kamen viele Literatur-Konzerte in Hamburg, vor allem mit dem Schauspieler und Schriftsteller Dietmar Mues. Mir war´s dabei ganz simpel gesagt wichtig, die Botschaft des Textes zu transportieren, und da die Texte so verschieden waren, ergaben sich auch verschiedene Arten von Musik.