Zweifellos zählt er zu den markantesten Persönlichkeiten des österreichischen Musiklebens im 20. Jahrhundert: Gottfried von Einem, dessen Geburtstag sich am Mittwoch zum 100. Mal jährt. Vor allem mit seinen großen Literatur-Opern wie „Dantons Tod“ (1944-46) oder „Der Besuch der alten Dame“ (1968-69) wurde der „Componist“, wie er sich selbst immer schrieb, international bekannt.

Ein musikalischer Revolutionär war der in Bern geborene und in Schleswig-Holstein in der Familie eines österreichischen Militärattachés aufgewachsene Musiker jedoch nie: „Es wird leider zu viel Unsinn getrieben mit der Technik und dem persönlichen Idiom. Ich kann das nicht leiden. Für mich ist eine Musiktechnik ein Evangelium. Dazu gehört für mich die Tonalität“, sagte der in Berlin bei Boris Blacher ausgebildete Komponist 1995 in einem Interview.

Dem tonalen Komponieren ist von Einem bis zu seinem Tod im Juli 1996 treu geblieben. Obwohl auch er in seiner kompositorisch vielleicht interessantesten Oper, der 1953 bei den Salzburger Festspielen uraufgeführten Kafka-Vertonung „Der Prozess“, auf eine Zwölftonreihe zurückgriff sowie eine Dramaturgie loser, einander stark kontrastierenden Szenen entwarf, um dem surrealen Geschehen des Romans gerecht zu werden.

Dennoch überwiegt der sangliche Aspekt in seinen Opern bei Weitem. So kontinuierlich seine kompositorische Entwicklung verlief, so stark änderten sich hingegen seine inhaltlichen Präferenzen, nachdem er die Dichterin Lotte Ingrisch 1966 geheiratet hatte: Religiöse Stoffe wurden fortan immer bedeutsamer für von Einem, obwohl er etwa mit seiner Mysterienoper „Jesu Hochzeit“ (1978-79) in Konflikte mit dem katholischen Klerus geriet.

Konflikte scheute er auch nicht, als er 1951, damals Mitglied des Direktoriums der Salzburger Festspiele, Bertolt Brecht damit beauftragte, ein Stück unter dem Titel „Totentanz“ zu verfassen, das den „Jedermann“ ersetzen sollte - was an der konservativen Salzburger Landesregierung scheiterte. Sein Einsatz für die geistige Erneuerung des post-nationalsozialistischen Österreichs war dennoch enorm wichtig für das Land. Vieles bewegen konnte von Einem ab 1953, nach seiner Übersiedlung nach Wien, im Vorstand der Wiener Konzerthausgesellschaft und ab 1960 im Direktorium der Wiener Festwochen sowie ab 1965 als Kompositionsprofessor an der damaligen Wiener Musikhochschule. Wofür er sich entschieden hatte, dafür stritt er auch: sei es für Kurt Waldheim oder den Erhalt der Hainburger Au.