2018 ist im Jubiläumsreigen der klassischen Musik nicht nur das Jahr des Gottfried von Einem. Zwei Monate alt war der kleine Gottfried, als in Paris der 55-jährige Claude Debussy seinem Krebsleiden erlag - und sieben Monate, als im fernen Amerika, am 25. August 1918, ein gewisser Louis Bernstein geboren wurde. Für beide Komponisten gibt es heuer ein umfangreiches Festprogramm.

Der Wiener Musikverein packt alle drei Gedenktage in das hochkarätige Musikverein Festival Wien im Frühjahr. So bestreitet die Staatskapelle Berlin drei Konzerte mit Werken Debussys (ab 7. Mai), darunter "Le Martyre de Saint-Sebastien" mit Anna Prohaska, Marianne Crebassa und Maria Furtwängler. Martha Argerich ist in diesen Konzerten nicht nur als Solistin zu hören, sondern spielt in einem weiteren Konzert auch Debussy-Bearbeitungen für zwei Klaviere gemeinsam mit Daniel Barenboim. Im Konzerthaus ist Debussy in zahlreichen Klavierrecitals vertreten. Und mit "Pelleas et Melisande" ist die erfolgreichste Oper des französischen Komponisten sowohl in der Vorjahres-Inszenierung der Wiener Staatsoper als auch in einer neuen Produktion in der Kammeroper (Premiere am 4. Februar) zu sehen.

Bei seinem frühen Tod am 25. März 1918 war Debussy, geboren 1862, eine Berühmtheit - gefeiert für seine Kompositionen, die ihn zum führenden Vertreter des musikalischen Impressionismus machten, und diskutiert wegen seines von Skandalen durchzogenen Liebeslebens. Heute gilt uns Debussy sowohl als Brücke wie auch als Sonderfall zwischen den Prinzipien der Romantik und der Moderne.

Das Herzensinstrument

Sein Vertrauen in die Klangfarbe als dominantes Gestaltungstool und die Entwicklung einer eigenen Tonsprache, die sich auch von fernöstlichem Klanggut sowie vom Jazz inspirieren ließ und dabei weitgehend auf stilistische oder musik-logische Konstruktionsweisen verzichtete, machte ihn zum Revolutionär. Sein erstes wichtiges Hauptwerk "Prelude a l'apres midi d'une faune" zählt heute zu den wichtigsten Musikstücken der Ballettliteratur. Sein Herzensinstrument, für das die meisten seiner oft gespielten Werke entstanden sind, war freilich das Klavier.

Als "Architekt der radikalen Veränderung" wurde Debussy später einmal bezeichnet - und zwar von Leonard Bernstein in einer seiner berühmten Lectures. Der US-Komponist, Dirigent, Pianist und passionierte Musikvermittler wäre heuer 100 Jahre alt geworden. Im Musikverein hat Intendant Thomas Angyan, der Bernstein persönlich kannte und tief von ihm geprägt wurde, einen großen Schwerpunkt programmiert, der nicht nur im Großen Saal, sondern auch in einem Musikvermittlungssymposium sowie kammermusikalisch im Gläsernen gefeiert wird.

Veredelt wird das Ganze nicht zuletzt durch das Philadelphia Orchestra unter Yannick Nezet-Seguin, das sich Bernsteins zweiter Symphonie annimmt. Die erste, "Jeremiah", wird zum Bernstein-Auftakt am 6. Mai durch die Wiener Philharmoniker bestritten. Den Abschluss am 7. Juni macht das RSO mit den "Chichester Psalms" und der Suite aus "West Side Story". Bereits am 15. März tritt das Houston Symphony Orchestra im Konzerthaus auf - mit Geigensolistin Hilary Hahn und Bernsteins "Serenade".

Ein Sonderplatz

Als Komponist von Symphonien und Solostücken, von "Mass" und Musicals wie der "West Side Story", sicherte sich Bernstein einen Sonderplatz der Musikgeschichte, auf dem zwischen U- und E-Musik nicht so genau unterschieden wird - nur um sich mit der Musikgeschichte selbst umso genauer auseinanderzusetzen. In seinen Vorlesungen und Young People's Concerts erwies sich Bernstein nicht nur als begnadeter Musiker, sondern auch als Vortragskünstler, der für Musik zu begeistern und begeisternd zu informieren wusste. Als Dirigent stand er nicht nur zehn Jahre lang dem New York Philharmonic vor, sondern hatte auch starke Verbindungen nach Österreich, wo er die Philharmoniker dirigierte, bei den Salzburger Festspielen sowie an der Staatsoper auftrat. Am 1. Jänner 1992 hätte er das Neujahrskonzert dirigieren sollen. Er starb am 14. Oktober 1990.

Daneben bietet das an Gedenktagen auch in Politik und Kunst überreiche Jahr 2018 auch weitere runde Komponisten-Jahrestage, die sich für spezielle Programme eignen: Charles Gounod etwa, französischer Komponist von Werken wie "Faust" oder "Romeo et Juliette", wurde vor 200 Jahren (17. Juni 1818) geboren und starb vor 125 Jahren (18. Oktober 1893) - nur eine Woche vor dem Tod von Pjotr Iljitsch Tschaikowski am 25. Oktober. Der italienische Belcanto-Meister Gioachino Rossini, dessen "L'italiana in Algeri" zentrales Werk der heurigen Salzburger Pfingstfestspiele ist, starb vor 150 Jahren in Paris (13. November 1868) und Edvard Grieg, norwegischer Romantiker und Schöpfer von "Peer Gynt", erblickte vor 175 Jahren (15. Juni 1843) das Licht der Welt.