"Wir machen jetzt unser eigenes Ding", sagt Thomas Angyan. Nachdem sich Festwochen-Intendant Thomas Zierhofer-Kin der traditionellen Kooperation mit einem Klassik-Festival entledigt hat, ruft der Musikvereins-Chef für 2018 ein "Musikverein Festival Wien" aus. In 59 Konzerten und drei Schwerpunkten zu Debussy, Bernstein und Beethoven findet sich eine große Dichte an großen Namen.

Die Sicht der Wiener Festwochen auf die "ersterbende Spezies Konzert wollen wir tatenreich widerlegen", geizte Angyan bei einem Pressegespräch am Donnerstag nicht mit Spitzen gegen den einstigen Kooperationspartner, über den in die bisherigen Festivals zur Festwochenzeit je 200.000 Euro Subvention der Stadt Wien abwechselnd an Musikverein und Konzerthaus ausgeschüttet worden waren.

Der Versuch, diesen Ausfall durch einen Sponsor auszugleichen, ist nicht geglückt - der Musikverein nutzt deshalb in diesem Jahr das Erbe Horst Hascheks, für 2020 habe man eine "konkrete Absichtserklärung eines Mäzens". 2019 ist wieder das Konzerthaus dran, mit dem Angyan "in keinerlei Rivalität" steht - sollte man einen Sponsor finden, der jedes Jahr beitragen will, werde man das selbstverständlich mit dem Konzerthaus gemeinsam aushandeln.

Dass das Festival, mit seinen 70.000 aufgelegten Karten ("deutlich mehr als die Wiener Festwochen insgesamt"), mit seinen zwölf Gastorchestern, darunter zwei aus den USA und zwei aus Berlin, mit Stars wie Martha Argerich, Daniel Barenboim, Maurizio Pollini und Helene Grimaud (um nur das Klavier zu behandeln) und mit allen Beethoven-Symphonien des Cleveland Orchestra unter Franz Welser-Möst "natürlich ein Verlustgeschäft" ist, so Angyan, kann kaum verwundern.

Dabei folgt das Namedropping klaren programmatischen Konturen: Die Staatskapelle Berlin bestreitet drei Konzerte mit Werken Claude Debussys (ab 7. Mai), darunter "Le Martyre de Saint-Sebastien" mit Anna Prohaska, Marianne Crebassa und Maria Furtwängler. Martha Argerich ist dabei nicht nur als Solistin zu hören, sondern spielt in einem weiteren Konzert auch Debussy-Bearbeitungen für zwei Klaviere gemeinsam mit Daniel Barenboim.

Den großen Schwerpunkt anlässlich des 100. Geburtstags von Leonard Bernstein, der nicht nur im Großen Saal, sondern auch in einem Symposium sowie kammermusikalisch im Gläsernen gefeiert wird, veredelt nicht zuletzt das Philadelphia Orchestra unter Yannick Nezet-Seguin. Während das US-Toporchester sich der zweiten Symphonie annimmt, wird die erste, "Jeremiah", bereits zum Bernstein-Auftakt am 6. Mai durch die Wiener Philharmoniker bestritten. Den Abschluss am 7. Juni macht das RSO mit den "Chichester Psalms" und der Suite aus "West Side Story".

Das dritte Großprojekt des Festivals und das zweite von Franz Welser-Möst und seinem Cleveland Orchestra in der heurigen Musikvereins-Saison (nach dem "Schlauen Füchslein" im Oktober) ist die unbescheiden "Prometheus-Projekt" betitelte Aufführung sämtlicher Beethoven-Symphonien sowie einiger Ouvertüren zwischen 23. und 28. Mai. Den Auftakt macht Welser-Möst mit einem Vortrag im Gläsernen, bei dem er die "Philosophischen Visionen im Werk Ludwig van Beethovens" aufbereitet.

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