Er werde jetzt ein „Ich-weiß-nicht-was“ ansetzen, um daraus ein „Ich weiß-nicht-was“ herzustellen, das ein „Ich-weiß-nicht-was“ erklären könne. So betrachtete Claudio Monteverdi selbstironisch seine Experimente als „Gran Professore della Chimia“ mit Goldmünzen, kochendem Blei oder Quecksilber.
Im Labor gab es also offenbar genug Fehlversuche. Und dennoch wurde der Meister aus Cremona ein Alchemist. Ein Alchemist der goldenen Klänge.
Wie Silke Leopold in ihrer eben erschienenen Biografie schildert, ist über den Komponisten, Gambisten, Sänger und Priester trotz ungewöhnlich vieler Dokumente privat wenig bekannt. Außer vielleicht, dass er oft beneidet, angefeindet und verleumdet wurde und immer wieder seinen Honoraren nachlaufen musste. Und dass er nach dem frühen Tod seiner Frau seine zwei kleinen Söhne allein sehr fürsorglich aufzog.
Knapp bevor die Hofsängerin Claudia Cattaneo 1607 starb, hatte er eine der ersten Opern ihrer Art geschrieben: just „L’Orfeo“, in der der legendäre Sänger seine ans Totenreich verloren geglaubte Euridice allerdings doch noch in die Arme schließen darf. Von der nachfolgenden Oper „L’Arianna“ ist leider nur das tief berührende Lamento überliefert. Aber mit den zwei weiteren bis heute erhaltenen Opern – „Il ritorno d’Ulisse in Patria“ und „L’incoronazione di Poppea“ – zählt Monteverdi, der an der Wende von der Renaissance zum Barock bei den Gonzagas in Mantua und den Dogen in Venedig diente, zweifelsohne zu den Königen der Musikdramen.
Das will im Jubiläumsjahr auch John Eliot Gardiner beweisen, wenn er diese Trias ab 26. Juli bei den Salzburger Festspielen in einer halbszenischen Aufführungsserie präsentiert: „Die Palette menschlicher Gefühle – so verwirrend, mitreißend, unheimlich und manchmal unkontrollierbar sie auch sein mögen – bildet den Subtext seiner Opern“, schwärmt der britische Altmeister am Pult davon, wie genial der Komponist Emotionen in Musik auszudrücken vermochte.
Diese unnachahmliche Gabe des „oracolo della musica“, wie ihn schon Zeitgenossen bewundernd titulierten, wirkt auch in der himmlischen Marienanrufung „Vespro della Beata Vergine“ oder in seinen Mikrodramen, den in neun Bücher zusammengefassten fantastischen Madrigalen. Nicht zufällig hatte gute Musik für Claudio Monteverdi selbst nur ein einziges Ziel: „Sie soll die Seele rühren“.