Eine Zeit lang war der 1970 in London geborene Autor Martin McDonagh so etwas wie ein Enfant terrible der englischen Dramatik. Seine Terrorismus-Farce „Der Leutnant von Inishmore“ und „Der Kissenmann“, die während der Direktionszeit von Klaus Bachler am Wiener Akademietheater inszeniert wurden, brachten ihm den Ruf eines Gratwanderers zwischen Komödiantik und Grausamkeit ein. Dann wechselte er in die Filmbranche, um 2008 mit „Brügge sehen ... und sterben?“ mit Colin Farrell und Brendan Gleeson als untergetauchten Auftragsmördern in der flämischen Stadt erneut für Furore zu sorgen.

Bei den vorjährigen Filmfestspielen von Venedig feierte „Three Billboards Outside Ebbing, Missouri“ seine Weltpremiere. Bei den Golden Globes räumte McDonagh Anfang Jänner mit der tiefschwarzen Komödie über die Reaktionen nach einem Mordfall in einer fiktiven US-Provinzstadt vier Auszeichnungen ab: bester Film, bestes Drehbuch, Frances McDormand wurde zur besten Hauptdarstellerin gekürt und Sam Rockwell zum besten männlichen Nebendarsteller.

In der überschaubaren und beschaulichen Gemeinde wurde vor sieben Monaten die junge Angela Hayes (Kathryn Newton) ermordet. Die verhärmte Mutter Mildred (McDormand), die auch ein schlechtes Gewissen wegen des Kriminalfalls plagt, mietet drei abgelegene Plakatflächen und lässt dort schwere Vorwürfe gegen den lokalen Polizeichef (Woody Harrelson) affichieren. Darauf ist in schwarzen Lettern auf rotem Hintergrund zu lesen: „Raped while dying“ („Beim Sterben vergewaltigt“), „And still no arrests“ („Noch immer keine Festnahmen“) oder „How Come, Chief Willoughby?“ („Wie kommt's, Chef Willoughby?“). Diese Aktion, die dem Film auch den Titel gibt, bringt die Verhältnisse zum Tanzen und lässt den übergriffigen, rassistischen Polizisten Jason Dixon (Sam Rockwell) aus der Kurve fliegen.


McDonagh zeichnet hier ein Sittenbild der amerikanischen Gesellschaft, das sich zu einem nachvollziehbaren dreidimensionalen Kosmos auswächst. Niemand ist frei von Schuld, allen wohnt wenigstens ein Fünkchen Anstand inne.

Mit seinen sieben Nominierungen (u. a. als bester Film, aber nicht für die beste Regie) geht der düstere, lakonische Film neben „The Shape of Water“ am 4. März in L. A. als Favorit in die Oscar-Nacht. Oscar-Preisträgerin Frances McDormand (1997 für „Fargo“) hat sich mit ihrer Leistung als Mutter auf Rachefeldzug eindeutig und eindringlich für einen zweiten Goldbuben empfohlen.