Selfie-Verbote auf dem roten Teppich und keine Vorpremieren für Journalisten - mit einer Reihe schmerzhafter Reformen will der Leiter des Filmfestivals von Cannes, Thierry Fremaux, wieder für mehr Glamour und Spannung sorgen. Um das "unerwünschte Chaos" auf den berühmten Stufen zum Filmpalast zu vermeiden, dürften die Zuschauer dieses Jahr keine Selfies mehr auf dem roten Teppich machen.

Das sagte Fremaux am Freitag dem Fachmagazin "Le Film Francais". Ob der Bann auch Schauspieler und Teams der gezeigten Filme trifft, war zunächst unklar. Neben den Zuschauern nehmen sich auch Hollywoodstars immer wieder gerne mit ihrem Smartphone auf dem Teppich von Cannes auf.

Ändern will der Festivalleiter auch die Gepflogenheit, Journalisten die Filme der offiziellen Auswahl schon Stunden vor den Premieren-Galas am Abend zu zeigen. Damit erhielten die Galas wieder mehr Glanz und Spannung, erklärte Fremaux. Mit dieser Idee stieß er allerdings bei den Betroffenen auf Unverständnis.

Peter Bradshaw, der Filmkritiker des "Guardian", führte die Revolte mit einem kurzen Twitter-Kommentar an: "Whoa! Warum nicht einfach ein Embargo? Ist das so schwer durchzusetzen?", erklärte er auf dem Kurzbotschaftendienst und warnte, die Festspielleitung werde sich damit einigen "Ärger" einhandeln.

Sein Kollege von "Variety", Guy Lodge, warnte vor einer Zweiklassengesellschaft der Kritiker: Die Reform werde darauf hinauslaufen, dass Filmagenten einigen Kritikern die Filme im Voraus zeigen werden, erklärte er; andere Kritiker hätten möglicherweise keinen Zugang zu den Abend-Vorstellungen, was ihre Arbeit deutlich erschweren würde.

Er erinnerte an die erfolgreiche Praxis der Berlinale, Kritiken mit Sperrfristen zu versehen: Dies gebe den Kritikern mehr Zeit zum Nachdenken und den Galas mehr Spannung. "Jeder gewinnt. Warum kann Cannes das nicht", schrieb Lodge.