Noch einmal ein Abenteuer erleben, die Grenzen des Alltags durchbrechen, dem Alter trotzen! Ella (Helen Mirren) und John (Donald Sutherland), ein hochbetagtes Ehepaar aus Boston, wagt, wovon viele nur träumen. Wie sie das anstellen, und was sie dabei erleben, erzählt die Romanadaption "Das Leuchten der Erinnerung" als bezaubernde Melange aus Lovestory und Roadmovie. Ab Donnerstag im Kino.

Die leise Erzählung fesselt von Anfang an, weil sie einen ernsten Hintergrund hat: Seit einem halben Jahrhundert sind Ella und John miteinander verheiratet. Doch das bisher so dauerhafte Glück ist Ängsten und Unsicherheit gewichen. Denn sie hat Krebs, und er leidet zunehmend an Alzheimer. Beide wissen, dass sie nicht mehr viel Zeit haben. Aber haben sie überhaupt noch die Kraft, mit Volldampf durchzustarten?

Entgegen allen Vorbehalten ihres Sohnes Will (Christian McKay) besteigen die Zwei kurz entschlossen einen ebenfalls schon recht in die Jahre gekommenen Wohnwagen. Die Fahrt geht Richtung Key West in Florida. Sie möchten das dortige Wohnhaus des Schriftstellers Ernest Hemingway besuchen. Der Trip führt sie entlang der US-amerikanischen Ostküste. Unwägbarkeiten und Überraschungen sorgen für kleinere Zwischenfälle. Das Wesentliche für die Beiden aber ist, dass sie noch einmal die unerschütterliche Kraft ihrer Liebe spüren.

Die zwei Oscar-Preisträger machen die zarte Geschichte um die Unfassbarkeit des Glücks zum Ereignis. Helen Mirren zeigt in ihrem faszinierend zurückhaltenden Mienenspiel, wie die körperlich geschwächte Ella mit Wachheit im Denken auftrumpft. Äußerliche Schönheit spielt für sie keine Rolle. Wegen Ellas Krankheit hat sich Mirren sogar eine Glatze scheren lassen. Zu Recht wurde die britische Starschauspielerin für ihren künstlerischen Wagemut mit einer Nominierung für die Golden Globes 2018 als beste Hauptdarstellerin geehrt.

Schauspielerische Intensität

Donald Sutherland steht seiner Partnerin in schauspielerischer Intensität nicht nach. Bezwingend gelingt es ihm, dem Verlöschen des Geistes von John voller Würde Ausdruck zu geben. Rührseligkeit hat keine Chance. Das große Können der beiden Akteure adelt die gelegentlich doch etwas vorhersehbare Story mit Momenten großer Schauspielkunst. Höhepunkte sind jene Szenen, in denen sie das Paar zeigen, wie es des Nachts unterm Sternenzelt in Erinnerungen an bessere Tage schwelgt. Da dürfte manche Träne im Kino fließen.

26 Jahre nachdem sie zuletzt für den Film "Bethune - Arzt und Held" gemeinsam vor einer Filmkamera agierten, haben Helen Mirren und Donald Sutherland nun erstmals wieder zusammen gearbeitet. Es hat sich gelohnt. Denn vor allem ihrem feinnervigen Schauspiel ist es zu danken, dass die Geschichte um eine Liebe in späten Jahren ungemein fesselt.

Der bekannte italienische Regisseur Paolo Virzi ("Die süße Gier") setzt in seinem ersten in Englisch gedrehten Spielfilm vor allem auf leise Töne. Das gibt der Geschichte eine glaubhafte Authentizität. Dies auch, weil Virzi durchwegs nicht den Blick für die soziale Realität aus den Augen verliert. Der große Trumpf jedoch sind seine zwei Hauptdarsteller. Wohl jeder Zuschauer dürfte Helen Mirren und Donald Sutherland in sein Herz schließen.