Bereits zum siebenten Mal ist Michael Haneke heuer im Wettbewerb um die Goldene Palme von Cannes vertreten - und hat mit Isabelle Huppert und Jean-Louis Trintignant wieder das gleiche Duo wie für "Amour" engagiert. "Ich bin eine sehr vertrauensselige Person. Wenn man sich mit Schauspielern versteht, warum soll man die Arbeit nicht fortsetzen? Das macht es viel einfacher", so Haneke am Montag.

Sonst ändere sich schließlich im Leben so vieles, was sich nicht zuletzt am ostentativen Einsatz von Video- und Textchats in "Happy End" zeigt. "Man kann die heutige Welt nicht beschreiben ohne die Soziale Medien. Aber ich hoffe, dass das nicht als der Hauptpunkt des Filmes gesehen wird", so Haneke in der Pressekonferenz in Cannes.

Dieser Aspekt rührt nicht zuletzt von den Vorarbeiten am letztlich an der Finanzierung gescheiterten Projekt "Flash Mob" her. Schließlich sehe er die Nachrichtenflut im Medienzeitalter kritisch: "All diese 'Information' ist sehr oberflächlich. Man weiß nur das, was man selbst erlebt hat." Insofern interessiere ihn die Künstlichkeit der heutigen Existenz: "Es ist faszinierend zu sehen, wie blind manche Menschen gegenüber dem realen Leben sind." Nicht zuletzt daher rühre vielleicht eine gewisse Bitterkeit in "Happy End".

Auch wenn das Drehbuch zu seinem Werk relativ schnell entstanden sei, habe er sich auch hier akribisch auf den Dreh des in Calais spielenden Familienporträts vorbereitet: "Manchmal muss man sich von den Schauspielern überraschen lassen. Aber ich will nicht von technischen Problemen überrascht werden."

Für sie als Schauspielerin sei diese Vorgabe ideal, unterstrich mit Isabelle Huppert die Grande Dame des französischen Kinos: "Es ist letztlich sehr einfach, mit Michael Haneke zu arbeiten. Innerhalb eines vorgegebenen Rahmens hat man große Freiheiten." Er sehe als Regisseur den Schauspieler in seiner Gesamtheit als Mensch. Insofern sei für sie klar: "Ich habe schon einige Filme mit ihm gemacht - und vielleicht folgen weitere."

Ganz so einfach ist es in den Augen ihre Schauspielkollegen Mathieu Kassovitz hingegen nicht - zumindest nicht per se: "Man muss Michael Haneke lieben, um Filme mit ihm zu drehen. Wenn man seine Arbeit nicht mag, wird es sehr anstrengend."

Und der deutsche Nachwuchsstar Franz Rogowski ging gar einen Schritt weiter im Bezug auf die Arbeit mit dem 75-jährigen Österreicher: "Das muss sehr anstrengend sein, denke ich mir oft, wenn du solch eine Einbildungskraft hast und genau weißt, wie alles auszusehen hat - und dann hast du mit all diesen Leuten zu tun, die das nicht wissen. Ich würde es nicht als Freiheit für den Schauspieler beschreiben - es geht darum, die Szene zu schaffen, die schon in Michael Hanekes Kopf ist."

Und der große Altmeister des französischen Kinos, Jean-Louis Trintingnant, den Haneke nach zehn Jahren Leinwandpause für "Amour" wieder fürs Kino gewann, streute seinem Regisseur Rosen: "Wenn es um den psychologischen Film geht, beschreibt er die Dinge so wunderbar genau." Er arbeite wie die Autoren des Nouveau Roman mit einem Stilmittel, das nicht von vornherein die Interpretation des Beschriebenen beinhalte: "Michael Haneke ist einer der großen Meister dieser Technik."