Haben Sie in den letzten zehn Jahren hin und wieder bereut, ein eigenes Museum zu besitzen?
HERBERT LIAUNIG: Na ja, ein Museum zu führen, bedeutet schon sehr viel Arbeit. Aber wenn es keine Freude machen würde, dann würde man sich das Ganze nicht antun. Bereut bzw. bedauert habe ich nichts.

Auch nicht, dass Sie das Siegerprojekt Ihres Architektenwettbewerbs nicht realisieren konnten oder sich das Land Kärnten als unverlässlicher Kooperationspartner herausstellte?
Beides war im Grunde ein Glück. Dass ich vom ursprünglichen Konzept, welches für das Land Kärnten eine Minderheitsbeteiligung vorsah, abgehen musste, war eine glückliche Fügung. Heute bin ich sehr froh, dass ich das Museum autonom betreiben kann. So wie jetzt die Entwicklung für die nächsten Jahre absehbar ist, wird das Museum auch kaum in irgendwelche Finanzprobleme geraten.

Beim Museum Essl war das leider der Fall und auch beim privat finanzierten Museum Angerlehner in Wels soll die Situation angespannt sein. Wollen Sie uns verraten, was Sie Ihre Unabhängigkeit bisher gekostet hat?
Der Bau wird mit all seinen Einrichtungen 17 bis 18 Millionen Euro gekostet haben. Der jährliche Cash-Abgang ohne Abschreibungen liegt bei ungefähr 500.000 Euro und das Sammlungsbudget, das die Stiftung zur Verfügung stellt, beträgt derzeit rund 1,5 Millionen Euro.

Ihr Museum hat seit seiner Gründung mehrere Bauphasen erlebt. Sind noch Wünsche offen geblieben?
Es gibt da noch ein Problem: Für eine Museumsbibliothek haben wir leider nicht ausreichend Platz. Und da überlege ich gerade, wo wir eine Studienbibliothek mit mehreren Arbeitsplätzen, wir brauchen dafür ein paar Hundert Quadratmeter, installieren können.

Gibt es für eine Studienbibliothek überhaupt Bedarf?
Das wissen wir noch nicht so genau. Aber wir haben selber Bedarf. Peter Baum, der uns seit 15 Jahren als Kunstexperte begleitet, hat eine große Bibliothek, die wir übernehmen könnten. Und irgendwann wird auch meine Bibliothek ins Museum einfließen.

Heißt das, dass Sie auch ein eifriger Büchersammler sind?
Meine Bibliothek besteht vor allem aus Büchern zur Kunst- und Kulturgeschichte. Aber ich sammle unabhängig davon auch Atlanten und Reisebeschreibungen bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts. Das ist eine eigene Sammlung, die aber schwer herzuzeigen ist.

Heuer präsentieren Sie erstmals auch Ihre Briefmarkensammlung. Gibt es irgendetwas, was Sie im Laufe Ihres Lebens nicht gesammelt haben?
Münzen zum Beispiel. Die haben mich immer gejuckt. Aber es wäre einfach zuviel geworden.

In welche Kategorie Sammlung würden Sie jene von Heidi Horten einreihen, die derzeit im Wiener Leopold-Museum zu sehen ist?
Die Horten-Sammlung ist vergleichbar mit meiner Briefmarken-Sammlung, die wir heuer zeigen werden. Die Exponate stammen aus der Monarchie bis zur Trennung von Österreich-Ungarn. Das ist ein höchst schwieriges Gebiet. Mir war klar, dass meine philatelistischen Kenntnisse – und ich sammle ja schon sehr lang – dafür nicht ausreichen und ich habe mir daher den Papst der österreichischen Briefmarkensammler geholt, den Professor Ferchenbauer. Unter seiner Anleitung ist dann diese Sammlung entstanden. Bei Frau Horten hat diese Aufgabe Agnes Husslein übernommen.

Haben Sie die Horten-Schau im Leopold-Museum besucht?
Nein. Das sind zweifellos 150 tolle Bilder, aber es wird der Geist der Sammlung nicht sichtbar. Da reicht mir der Katalog. Ich gehe auch schon seit Jahren nicht mehr in Klimt-, Schiele- oder Renoir-Ausstellungen. Man ist einfach übersättigt.

Was schauen Sie sich dann an?
Zuletzt den Rudolf Polanszky in der Secession. Auch die Martha Jungwirth-Ausstellung in der Albertina hat mich auch sehr beeindruckt. Eine Entdeckung ist für mich Josef Bauer, ein völlig unbekannter Künstler, der das, was wir von Franz West und Erwin Wurm kennen, schon 20 Jahre früher gemacht hat. Nur war er nicht marktaktiv. Mich interessiert vor allem das Übersehene, das Nicht-Wahrgenommene oder Vergessene.

Wem schenken Sie im Jubiläumsjahr Ihre Aufmerksamkeit?
Rund 100 Künstlern. Es wird aber keine Best-of-Ausstellung, sondern eine mit Schwerpunkt abstrakte Malerei. Das sollte man nicht mit abstrahierend verwechseln. Ein Hollegha, Weiler oder Mikl, das sind abstrahierende Künstler, weil sie vom Gegenstand ausgehen. Die abstrakten Künstler dagegen haben in Österreich nie wirklich Interesse gefunden, zum Beispiel ein Marc Adrian, Richard Kriesche oder ein Hermann Painitz. Die waren den Österreichern zu wenig barock und gestisch. Dazu gibt es auch eine Silberausstellung oder Werke von Cornelius Kolig im Skulpturendepot.

Haben Sie für Ihre Sammelleidenschaft jemals Opfer bringen müssen, wie etwa ein Rudolf Leopold, der lange Zeit hoch verschuldet war?
Schulden habe ich nie machen müssen, aber es gab schon Einschränkungen in der Lebensführung, vor allem in den 1970er- und 80er-Jahren. Bei meinem Sohn Peter, der auch in der Geschäftsführung des Museums ist, ist es genauso. Er sammelt wie ein Verrückter und das geht zu Lasten der Familie. Er hat wenig Zeit und auch weniger Geld, etwa für Urlaube. Manchmal kauft er auch auf Raten. Aber er ist ja von Zuhause nicht gerade gewohnt, luxuriös zu leben. Er hält das offenbar gut aus.

Während der Startphase Ihres Museums gab es atmosphärische Störungen mit der freiheitlichen Landespolitik. Heute sehen die Machtverhältnisse anders aus. Welche Hoffnungen knüpfen Sie an die neue Landesregierung?
Ich bin da nicht sehr optimistisch. Was ich mir wünschen könnte, ist allenfalls eine positive Haltung zu einem Projekt, das in einer Gegend mit mangelnder Infrastruktur nur schwer zu betreiben ist. So gibt es noch immer keine Hinweisschilder auf der Autobahn, die uns schon vor Jahren versprochen wurden. Wir haben zwar Beschriftungen auf den Landesstraßen, aber auf der Autobahn, wo sie am wichtigsten wären, gibt es sie nicht. Die Tatsache, dass wir immerhin 10.000 Besucher in eine Gegend bringen, die ja nicht vom Tourismus gesegnet ist, sollten schon ein paar Hinweisschilder wert sein.