S ie waren für Mozart hier in Salzburg, haben den Lucio Silla gesungen und zudem eine "Cosi fan tutte"-CD präsentiert, in der Sie mitwirken - die zweite in einer Serie von sieben Mozart-Opern unter der Leitung von Yannick Nézet-Séguin, die live im Festspielhaus Baden-Baden aufgenommen werden. Aber 2013 ist ja das Jahr des Giuseppe Verdi. Eine CD mit Verdi-Arien haben Sie schon vor einem halben Jahr veröffentlicht. Wenn es die Chance gäbe, Papa Giuseppe zu treffen, was würden Sie ihn fragen?

ROLANDO VILLAZÓN: Zuerst würde ich ihn fest umarmen und sagen: "Danke, Maestro!" Dann würde ich für ihn singen und ihn bitten, mir zu sagen, wie ich seiner Meinung nach näher an die Idee der Seelen herankommen kann, über die er komponiert hat.

Verdi hat ja große Bedeutung in Ihrem Leben, denken wir nur an Ihren Riesenerfolg an der Seite von Anna Netrebko mit "La Traviata" 2005 in Salzburg. Damals hatte man das Gefühl, auch für Rolando Villazón: Jeden Tag Party! Was hat sich mittlerweile geändert? Salzburg, die Partys, die Leute, Rolando?

VILLAZÓN: Natürlich entwickeln sich Dinge weiter. Zu jener Zeit aber war ich zum Beispiel noch nicht Dr. Rollo, der mit den Roten Nasen und Clown Doctors Kinder im Krankenhaus besucht. Geblieben sind auch die wirklich guten Freunde. Und die Musik, die bleibt auch. Wenn ich mich heute in Salzburg umschaue, ist ähnlich viel los wie damals. Ich zumindest esse noch genauso gern ein Wiener Schnitzel und trinke ein kühles Bier wie damals.

So ein Hype wie um Sie und Netrebko - nur eine garstige Sache?

VILLAZÓN: Gar nicht. Wenn man es schafft, den Hype dazu zu benutzen, Aufmerksamkeit für schöne Dinge und bedeutende Projekte zu schaffen, die eine Seele haben, und für Menschen und Künstler, die ihr Leben damit verbringen, das ihnen gegebene Talent zu perfektionieren, um etwas Größerem zu dienen - dann ist Hype das Mittel zu einem guten Zweck und etwas Wunderbares. Nützt man aber den Hype nur, um sich selbst zu beweihräuchern und Bewunderung von anderen einzuheimsen, dann ist er wie ein Gefängnis. Und man selbst ist der traurige Gefangene.

Als Clowndoktor Rollo werden Sie da und dort mit Mr. Bean verglichen. Okay für Sie?

VILLAZÓN: Mr. Bean ist fantastisch, ich liebe seine Sketche. Leider habe ich ihn noch nicht persönlich getroffen, aber ich hoffe sehr, dass ich das eines Tages nachholen kann. Was Dr. Rollo betrifft: Ich war heuer wieder in einem Salzburger Krankenhaus bei den Kindern und habe gemerkt, wie gut Clowns den kleinen Patienten tun. Sie verbreiten Poesie und Lebensfreude und verschaffen so Momente der Ablenkung von dem, was die kleinen Patienten sonst jeden Tag beschäftigt. Ich liebe es, Clown zu sein, denn Clown zu sein, hat auch etwas sehr Poetisches an sich. Es ist ein Spiegel unserer Seele. Übrigens habe ich schon früher in Mexiko Mozart gesungen und dann seine Briefe gelesen. Durch diese Briefe habe ich einen Freund gefunden. Und einen fantastischen Menschen.

Man bezeichnet Plácido Domingo als Ihren Mentor. Was ist das wichtigste Element dieser Freundschaft?

VILLAZÓN: Für mich ist er einer der größten Künstler überhaupt, und ich bin sehr froh, dass ich ihn zu Beginn meiner Karriere kennenlernen durfte und er mir seither mit Rat und Tat zur Seite steht. Wir schätzen einander sehr, dies ist eine ganz wichtige Freundschaft in meinem Leben.

Sie haben zuletzt auch eine Art Road Movie mit dem Titel "My Mexico" gedreht?

VILLAZÓN: Ja, und dieser Film soll demnächst als DVD erscheinen. Im Moment mache ich auch viel Fernsehen, präsentiere Sendungen für ARTE, ZDF und BBC. Das ist eine tolle Abwechslung zur Arbeit als Sänger.

Im kommenden Jahr haben wir Fußball-WM in Brasilien. Für Sie als großer Fan ein Grund, in dieser Zeit alles Andere abzusagen?

VILLAZÓN: Sicher werde ich mir ein paar Spiele ansehen. Absagen werde ich deswegen aber nichts. Ich freue mich zum Beispiel schon auf meine erste "Entführung aus dem Serail", die wir als Nächstes in Baden-Baden aufnehmen werden.

Sie sprechen mittlerweile sehr gut Deutsch. Haben Sie einen deutschen Lieblingssatz?

VILLAZÓN: Habe ich, nämlich: "Bitte ein Wiener Schnitzel mit Gurkensalat, Tabasco und extra Zitrone - und ein Bier, bitte!"

Zum Abschluss: Ihre aktuellen Pläne?

VILLAZÓN: Die nächste Spielzeit steht ganz im Zeichen von Mozart: Ottavio, Ferrando, Belmonte, und Konzertarien auf Europatournee. Ich habe mit Tony Pappano auch eine CD damit aufgenommen, die Ende Jänner erscheint. Ich freue mich zudem auf den Lenski in Tschaikowskis "Eugen Onegin" an der Met und in Wien. Dann kommen einige Regieprojekte, auch hier in Österreich. Mir ist Abwechslung wichtig, und ich möchte das, was ich tue, immer in vollen Zügen genießen. Noch etwas macht mich sehr glücklich.

Nämlich?

VILLAZÓN: Rowohlt wird meinen ersten Roman "Malabares" - eine philosophische Geschichte von zwei Menschen, deren Leiden und Hoffnungen durch Tagebucheinträge deutlich werden - im Juni 2014 auch auf Deutsch herausbringen. Und am zweiten schreibe ich bereits.