Letztlich wurde es ein Start-Ziel-Sieg mit Ansage: Martin Kušej wurde am Freitag von Kulturminister Thomas Drozda (SPÖ) zum neuen Burgtheater-Direktor ab 2019 designiert. "Ich schätze Martin Kušej seiner ästhetischen Vision, seiner kritischen Reflexion und seinen klaren Haltungen wegen. Ich bin überzeugt davon, dass sich diese klare Haltung auf der Bühne wiederfinden wird", so Drozda.

Martin Kusej übernimmt ab 2019 die Burgtheater-Spitze

Dies sicherte der künftige Leiter des Hauses am Ring zu. "Es ist an der Zeit, wieder politisch zu werden", so Kušej: "Ich stehe für Veränderung, Irritation und Aufregung. Und vor allem soll es immer etwas Neues sein." Insofern sei sein Job klar umrissen: "Ich sehe meine Aufgabe darin, ein sehr gutes Theater noch besser zu machen." Die finanzielle Stabilität sei dabei einer der Eckpfeiler, erinnerte Kušej an die vergangenen Kalamitäten des Hauses: "Wenn es Skandale am Burgtheater mit mir in der Zukunft gibt, dann höchsten auf der Bühne. Ansonsten auf keinen Fall." Er könne dabei auch ganz diplomatisch sein, versicherte er in Richtung Ministerium: "Ich bin nicht so schlecht wie mein Ruf."

Dennoch sei das Vorbild für seine Intendanz etwa die Burg-Ära unter Claus Peymann: "Sie glauben nicht, dass ich mich mit g'mahter Wiese zufriedengebe."

Kušej hielt dabei ein flammendes Plädoyer für das haptische Theater im digitalen Zeitalter: "Ich will demgegenüber die analoge Welt des Theaters stellen. Dem Liveerlebnis muss die Aufmerksamkeit geschenkt werden. Im Zentrum steht der Schauspieler." Entsprechend skeptisch zeigte er sich gegenüber dem postdramatischen Theater: "Manchmal habe ich das Gefühl, wir haben uns da alle zusammen in eine ziemliche Sackgasse manövriert. Es klingt nur gut, wenn man das hört - ich erinnere etwa jetzt an die Wiener Festwochen."

Er werde sich thematisch dennoch nicht nur Klassikern von Nestroy bis Grillparzer widmen, es gehe auch um die Zukunft der deutschsprachigen Dramatik - und darüber hinaus. "Wir haben eine multikulturelle Gesellschaft. Es kann nicht sein, dass wir mittel- und langfristig das Theater durch eine einzige singuläre Sprache, nämlich Deutsch, definieren", betonte Kušej. Das könne eventuell auch Inszenierungen in anderer Sprache umfassen. In jedem Falle gelte es, das Haus zu internationalisieren: "Es muss eine Art von Theater sein, die jenseits der Sprachbarriere funktioniert."

Dennoch sei für ihn der Tag heute ein besonderer. "Ich kann nicht anders, ich bin halt Österreicher. Und deshalb ist es ein besonderer Job, dass ich jetzt Burgtheater-Direktor werde", so Kušej: "Ich bin auch stolz darauf, hier als Kärntner Slowene zu stehen - denn das hat sich daheim bei uns niemand gedacht." Dennoch sei es für ihn nicht leicht, vom Münchner Residenztheater wegzugehen, das er wieder in die vordersten Positionen des deutschsprachigen Raumes gebracht habe: "Es ist vielleicht sogar eine blöde Entscheidung, dort wegzugehen. Das sind paradiesische Zustände in München." Aber wie im Sport gelte es, neue Herausforderungen zu suchen, wenn man weit gekommen sei.

Burgtheater-Quiz

Sein Vertrag mit allen Details stehe noch aus. Er wolle jedenfalls eine Inszenierung am Haus pro Saison selbst gestalten, auch wenn die genauen finanziellen Konditionen noch nicht fixiert sind: "Sie können davon ausgehen, dass ich nicht so bekloppt bin, mich hier zu bereichern nach dem, was hier passiert ist." Ob er weiterhin Oper inszenieren werde, könne er derzeit nicht sagen: "Ich habe eine Opernkrise. Deshalb schaue ich mir genau an, wo es Sinn und Spaß macht."

Der Kulturminister streute seiner Wahl Rosen. Der Theatermacher Kušej verbinde höchsten künstlerischen Anspruch mit einer Liebe zu den Schauspielern und einer Leidenschaft für die Kraft des Unmittelbaren: "Er wird die Burg mit dem nötigen Gestaltungswillen gegen die Konkurrenz des Digitalen wappnen: Er wird Reibungsflächen bieten und Resonanzräume schaffen."

Christian Kircher und Martin Kušej
Christian Kircher und Martin Kušej © APA/HANS PUNZ (HANS PUNZ)

Schließlich seien die Ansprüche an das Burgtheater die denkbar höchsten, so Drozda: "In Anlehnung an Schiller halte ich das Burgtheater für eine moralische Anstalt und eine Schule praktischer Weisheit. Es ist eine gesellschaftspolitische Institution und ein Instrument der Aufklärung. Ein Ort an dem Diskurse noch mehr Platz und Zeit haben, als die berühmten 140 Zeichen, die Twitter anbietet."

Der Geschäftsführer der Bundestheater-Holding, Christian Kircher, erinnerte an den Auswahlprozess, im Zuge dessen man mit sieben der elf Kandidaten für das theatrale Spitzenamt Gespräche geführt habe. "Und ich freue mich wirklich, dass Martin Kušej heute hier steht."

Auch die Besetzung des zweiten Spitzenposten am Burgtheater wurde am Freitag bekanntgegeben: Der amtierende kaufmännische Geschäftsführer Thomas Königstorfer wird ab 1. September 2018 für die kommenden fünf Jahre sein eigener Nachfolger. Der 50-Jährige setzte sich bei der Ausschreibung unter sechs Bewerbern als best geeigneter Kandidat durch. "Ich wünsche ihm für die kommenden Jahre auch die notwendige Fortune", so Drozda: "Seinen Beitrag zur finanziellen Stabilität möchte ich explizit hervorheben." Mit Ende der Saison 2019/2020 solle das Haus schuldenfrei sein, so Kircher.

Zuvor streute der Kulturminister auch der 2019 scheidenden Intendantin Karin Bergmann noch Rosen: "Sie ist eine herausragende Theatermacherin und hat das Burgtheater in den vergangenen drei Jahren hervorragend und mit professioneller Hand geführt." Sie habe dem Haus in schwierigen Zeiten Stabilität und dem Ensemble Sicherheit gegeben. Insofern gehe es künftig auch um das Aufbauen auf der Arbeit der Theaterchefin.