Ein starke Wahl: Martin Kušej wird neuer Intendant des Wiener Burgtheaters. ab September 2019 übernimmt er die künstlerische Leitung der wohl wichtigsten Bühne im deutschen Sprachraum, wie SPÖ-Kulturminister Thomas Drozda am Freitagvormittag in Wien bekannt gegeben hat.

Der Kärntner ist bekannt für seine kraftvollen, eindringlichen Inszenierungen - nicht nur im Schauspiel, sondern auch im Opernfach. Dabei ist er alles andere als ein introvertierter Schöngeist, der nur die hehre Kunst lebt. Kušej ist ein immens  politischer Künstler. Erst in seiner jüngsten Münchener Inszenierung "Phädras Nacht" verknüpfte er gemeinsam mit Autor Albert Ostermaier  einen antiken Tragödienstoff mit der aktuellen Flüchtlingsdebatte, mit Neonazi-Terror und dem Schicksal deutscher Soldaten in Afghanistan.

In Interviews vorab zeigte sich der Regisseur "aufs höchste irritiert und angespannt" über den wieder aufkeimenden Nationalismus: "Im Leben hätte ich mir nicht vorstellen können, dass diese schwachsinnige Ideologie tatsächlich wieder Mehrheiten findet." Das Theater, so Kušej, sei aber "gerade der Ort, wo diese Dinge thematisiert und künstlerisch verarbeitet werden." Eine starke Ansage auch im Hinblick auf das Burgtheater, das Kušej ab 2019 für vorerst fünf Jahre leiten wird.

Um Wirkung zu erzielen, so der 1961 in Wolfsberg geborene Regisseur, müssen "die Menschen des Theaters, die ja auch stark öffentliche Personen sind, Haltung zeigen und eben öffentlich Stellung beziehen. Zuerst durch die Inhalte, die wir auf der Bühne darstellen, aber vor allem auch durch persönliche Statements, Interviews, aktive Beteiligung an politischer Aktion, Unterstützung überparteilicher Gemeinschaft!"

Wie Kušejs künstlerisches Programm konkret aussieht, wird sich noch zeigen. In Wien ist er jedenfalls kein Unbekannter. Dem Burgtheater bescherte der Kärntner Slowene legendäre Inszenierungen wie Grillparzers "König Ottokars Glück und Ende", Nestroys "Höllenangst" oder Karl Schönherrs "Der Weibsteufel" - karriereprägend für die beiden  Hauptdarsteller Birgit Minichmayr und Nicholas Ofczarek. In der soeben beendeten Burg-Saison führte er Regie bei Arthur Millers "Hexenjagd".

Burgtheater-Quiz

2006 bemühte er sich bereits einmal um die Burg, damals wurde aber der mittlerweile wieder geschasste Matthias Hartmann zum Burg-Chef gekürt, Kušej ging als Intendant nach München ans Residenztheater. Nun kehrt er im Triumph nach Wien zurück.

Dabei war sein Weg alles andere als einfach: Kušej, der in Graz an der Kunsthochschule Regie studierte, schlug sich erst als Regieassistent in Salzburg und Ljubljana durch, frühe Inszenierungen wie Peter Roseis "Tage des Königs" in Graz (1991) oder Schillers "Kabale und Liebe" in Klagenfurt (1993) sorgten für Aufregung und heftige Ablehnung. Kušej ging als Hausregisseur ans Staatstheater Stuttgart, von 2004 bis 2006 war er Schauspieldirektor der Salzburger Festspiele. Dort inszenierte er 2002 auch Mozarts Don Giovanni unter der musikalischen Leitung von Nikolaus Harnoncourt. "Die Erfahrung Harnoncourt", sagt er noch heute, "war außerordentlich." Derartiges ist von seiner Burgtheaterintendanz aber auch zu erwarten.