Ein echter Geheimtipp war sie nie. Nachwuchs eigentlich auch nicht. Stefanie Reinsperger hat an der Burg eingeschlagen wie ein Komet, urteilte der "Tagesspiegel" ganz nüchtern. Wie sehr das zutrifft, hat im Vorjahr eine Kritikerumfrage der Zeitschrift "Theater heute" bewiesen, bei der die 27-jährige Österreicherin gleich zwei Preise kassierte: jenen als beste Nachwuchsschauspielerin und jenen als beste Schauspielerin. Eine Premiere. Und prompt folgte auch der Nestroy-Preis.

Ein Lob jagte in der vorvorigen Saison das andere. Nur zwei Uraufführungen - Wolfram Lotz' Polit-Farce "Die lächerliche Finsternis" in der Inszenierung von Dusan David Parízek und Ewald Palmetshofers "die unverheiratete" - brauchte es, um sie in den Theaterolymp zu katapultieren.

Reinsperger ist eine Wucht. Ein Gänsehaut produzierendes Kraftbündel auf der Bühne - körperlich und emotional. Sie zeigt nicht nur, welche Abgründe in ihr stecken. Ihr Spiel verkörpert die Abgründe. "Ich muss fühlen, sonst habe ich ein Problem", formuliert sie ihre Maxime. Theater müsse mehr sein als ein "poetischer Ansatz". Berühren, Haltung zeigen, Verantwortung demonstrieren. Im besten Fall gehe es ihr um Weltverbessern. "Ich glaube total daran, dass Theater das kann."

Bald auch im Landkrimi

Auch ihre TV-Biografie kann sich sehen lassen: Als Streifenpolizistin Gerti kennt sie in David Schalkos Kultserie "Braunschlag" keine Schamgefühle.

Jene Jury an der Ernst-Busch-Schule in Berlin, die Stefanie Reinsperger im Matura-Alter ablehnte, dürfte das schon bereut haben. Enttäuscht von der Absage sattelte sie zunächst auf die Vienna Business School um. Ihre Mama schickte erneut Bewerbungen ab. Am Max-Reinhardt- Seminar klappte es. Ihre Abschlussarbeit widmete sie Elfriede Jelineks "Liebhaberinnen".

Zarte Püppchen, stille Frauenfiguren interessieren sie nicht, Männerrollen wie jene des somalischen Piraten in "Die lächerliche Finsternis" schon mehr - nur für Romeos Julia, sagt sie, würde sie eine Ausnahme machen.

Leicht macht sie es sich selbst nicht: Dem Burgtheater sagte sie Adieu, um zum Volkstheater Wien weiterzuziehen. Auf eigenen Wunsch. Ein Charakterdickschädl. Derzeit ist sie übrigens auch für den Nestroy nominiert: für "Selbstbezichtigung" von Peter Handke.