Die "Endurance", 1916 in der Antarktis vom Packeis zerstörtes Schiff, ist u.a. durch Frank Hurleys Fotografien legendär geworden. Auch auf dem Umschlag von Reinhold Messners "Wild" prangt eines seiner atemberaubenden Fotos. Messner erzählt in dem Buch von den Expeditionen des britischen Polarforschers Frank Wild (1873-1939), der es nie aus dem Schatten von "Boss" Ernest Shackleton geschafft hat. Messner scheint berufen wie kaum ein anderer, die Lebensgeschichte dieses Abenteuers zu erzählen, den es immer wieder aufs Neue in Schnee und Eis, bittere Kälte und monatelange Finsternis zog.

Der 73-jährige Südtiroler hat nicht nur im Himalaya bergsteigerische Großtaten geleistet, sondern hat etwa 1989/90 gemeinsam mit Arved Fuchs die Antarktis zu Fuß durchquert. Die Strapazen, die von den Pionieren der Polarforschung auf sich genommen werden mussten, sind ihm daher nur allzu vertraut. Sie sind es auch, die in dem Buch, das akribisch von den verschiedenen Expeditionen Wilds berichtet, am plastischsten hervortreten - um den Preis der allmählichen Ermüdung des Lesers.

Spektakulär: Frank Hurleys Bilder der festgefrorenen "Endurance"
Spektakulär: Frank Hurleys Bilder der festgefrorenen "Endurance" © (c) AP (FRANK HURLY)

Ausgehend von der in den Felsen von Elephant Island geritzten, gereimten Nachricht Hurleys "We are lost, we all will die, if Wild doesn't keep our spirit high", widmet sich Messner der bisher wenig beachteten Nummer zwei der "Endurance"-Expedition.

Dass alle 22 Männer unter Wilds Führung in einem behelfsmäßigen, aus zwei umgedrehten Rettungsbooten gebauten Unterstand vier Monate lang ausharrten und überlebten, sei mindestens genauso hoch zu bewerten wie Shackletons Bravourstück der 1500 Kilometer langen sturmumtosten Überfahrt in einem winzigen Rettungsboot: "Ich weiß, dass Ausharren schlimmer ist, als etwas zu tun."

Messner gelingt es zwar, die Härte der Wildnis und den enormen Durchhaltewillen derer, die sich ihr entgegenstellen, anschaulich zu machen, dort, wo schriftstellerische Raffinesse und Erfindungsgabe den Ereignissen Tiefe und den Protagonisten Eigenleben verleihen müsste, sind seine Mittel jedoch begrenzt. Wild wird letztlich vor allem als treuer Gefährte Shackletons definiert und bleibt als Hauptfigur blass.

Ausgerechnet weitab von jener menschenfeindlichen Fels-, Schnee- und Eiswüste, die Frank Wild Zeit seines Lebens magisch angezogen hat, ergeben sich überraschende Möglichkeiten zur Konturschärfung einer außergewöhnlichen Persönlichkeit: Nach dem Ersten Weltkrieg sucht er bei der Etablierung von Baumwollplantagen in Südafrika sein Glück. Ständige Hitze, Moskitos und Malaria statt ewiges Eis, Pinguine und Skorbut. "Dann steht ein junger schwarzer Läufer vor der Farm. Er hält Wild ein Telegramm hin: Es ist Shackletons Aufforderung, ihn auf seiner nächsten Antarktisexpedition zu begleiten." Überflüssig zu sagen, dass Wild alles liegen und stehen lässt, um der Aufforderung zu folgen.

Es wird eine letzte gemeinsame Reise, mehr der Nostalgie als der Wissenschaft geschuldet. Shackleton stirbt auf ihr und wird in einer Walfangstation auf Südgeorgien beigesetzt. 17 Jahre später stirbt Wild verarmt in Südafrika. Jahrzehnte später wird seine Asche überführt und neben Shackletons Grab beigesetzt. "Frank Wild - Shackleton's Right Hand Man" steht auf der Grabplatte. Loyal über den Tod hinaus.