Drei Dinge sollte jeder wahre Literaturfreund tun, um seine Kurstreue zu überprüfen. Zum einen ein E-Book mit Dynamobetrieb lesen und sich dabei gebührend abstrampeln, zum zweiten ein Lesezeichen für ein Hörbuch häkeln und, keineswegs zuletzt, das eine oder andere Werk von Dan Brown lesen. Denn das Böse und das Dämonische lauern immer und überall, da schadet es nicht, entsprechend gewappnet zu sein.

„Origin“ heißt sein fünfter Roman mit dem fast allwissenden Kunstgeschichtler und Code-Knacker Robert Langdon im Mittelpunkt. Der 670-Seiten-Wälzer erschien nach längst schon gewohnter Geheimniskrämerei Mitte dieser Woche. Neue Verkaufsrekorde sind gewiss, das Buch selbst ruft, wie seine Vorgänger, schon jetzt lautstark nach Verfilmung. Alles nur eine Frage der Zeit.

Dan Brwon. Origin. Lübbe. 670 Seiten, 28 Euro.
Dan Brwon. Origin. Lübbe. 670 Seiten, 28 Euro. © Lübbe

Zur Seite steht Langdon diesmal sein einstiger Musterschüler Edmond Kirsch. Er brachte es als Techno-Freak und genialer Geist in virtuellen Welten zum Milliardär, er ist überzeugt, anhand höchst komplizierter Formeln nicht nur Blicke in meist düstere Winkel unserer Vergangenheit werfen zu können, er glaubt auch, dass auch die Zukunft nach ganz bestimmten Mustern verläuft und dass sich diese erkennen und mit entsprechenden wissenschaftlichen und technischen Mitteln auch bestimmen lassen. Die revolutionäreste Entdeckung von Kirsch wartet aber noch auf ihre Enthüllung. Er ist überzeugt, die Frage nach dem Ursprung der Menschheit gelöst und damit auch die Antwort auf das größte aller Rätsel gefunden zu haben: Woher kommen wir und wohin gehen wir? Womit auch die bewährten Verschwörungstheorien ihren Lauf nehmen können. Denn die Fährtensuche führt weit vorbei an der geläufigen Schöpfungsgeschichten und damit auch an den Fundamenten der Weltreligionen und der diversen Gotteshäuser. „Die Evolution frisst die Religion“, lautet einer der Kernsätze. Hölle aber auch.

Wo alles wankt und schwankt und mächtige Gegner, wieder einmal aus kirchlichen Kreisen, zur großen Treibjagd blasen, ist Dan Brown natürlich voll in seinem Element. Fast könnte man meinen, er gehe angesichts all der Tempobolzerei, die seine Bücher prägen, beim Schreiben auch selbst aus dem Sattel. Das aktuelle Halali beginnt im Guggenheim-Museum in Bilbao, der weitere Verlauf lässt befürchten, dass Dan Brown bald alle Kathedralen, Gotteshäuser und Museen Europas heimgesucht hat. Diesfalls u. a. mit dabei: die Prachtbauten von Madrid und Sevilla, die jüdische Synagoge in Budapest und die Sagrada Familia von Antoni Gaudi in Barcelona. Recht geschickt hält Dan Brown, Meister der Cliffhänger, den Spannungsbogen hoch, nebstbei erfährt der Leser, dass Langdon, Browns alter Ego, der modernen Kunst rein gar nichts abgewinnen kann. Michelangelo ja, Richard Serra oder Warhol nein. Verständlich. Einer Suppendose lassen sich nur wenige Geheimnisse entlocken.

Durchaus unterhaltsamer Lesestoff mit einem Manko, Es betrifft die angeblich revolutionären Weitblicke von Brown & Co. Der Hauptschauplatz ist Katalonien. Und da steht derzeit aus anderen Gründen kein Stein auf dem anderen.