"Rabenhof-Chef Thomas Gratzer hat mich gefragt, was ich mir zum Geburtstag wünsche. Da hab ich gesagt: Mir und den Leuten eine Freude machen", sagt Kramar im APA-Gespräch und schmunzelt. Doch eigentlich ist ihm gar nicht zum Lachen zumute. Als eingefleischter Linker kann er sich über viele aktuelle Entwicklungen erregen - von der BVT-Affäre ("Ein Staatsstreich!") über die Präsenz von Burschenschaftern in Regierung und Parlament ("Ein Skandal!") bis zum Versagen der Sozialdemokratie ("Ein Trauerspiel!"). Dass sich in der Kunst- und Kulturszene kaum Widerstand regt, verwundert ihn allerdings nicht. "Künstler waren bei uns bis auf wenige Ausnahmen wie Schlingensief, Jelinek oder Peymann politisch nie präsent. Deswegen sind meine Aktionen auch so rausgestochen. Ich galt mit 60 noch immer als das Enfant terrible der Szene. Das sagt doch alles!"

Angesichts der damaligen schwarz-blauen Regierung besuchte er als Adolf Hitler kostümiert den Opernball und wurde verhaftet. Seine schnauzbärtige Kunstfigur machte ihn einer breiten Öffentlichkeit so bekannt wie später sein "Tatort"-Polizeichef Ernst Rauter, den er seit 2004 als Vorgesetzter von Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) verkörpert. Am 20. April (Hitlers Geburtstag) ist er in der Show "Überlebenskünstler - Dr. Helmut Zilk im Gespräch mit Adolf Hitler" im Rabenhof an der Seite von Peter Paul Skrepek erneut in seiner Paraderolle zu sehen, betont aber gleichzeitig, es nicht auf eine reine Parodie angelegt zu haben: "Ich suche in der Figur ja eher den kleinen Hitler in mir selber."

Radikales Denken und Tun sowie Sehnsucht nach einer Gemeinschaft von Gleichgesinnten - das zeichnet den einstigen Bürgersohn aus, der sich gegen sechs Geschwister behaupten musste und seine Ausbildung u.a. an Renommier-Instituten wie dem Reinhardt-Seminar und der Harvard University genoss. Mit der Gruppe Showinisten und später dem 3raum-Anatomietheater in der ehemaligen Vetmed versuchte er seinen Traum einer Theaterfamilie zu verwirklichen, war jedoch 2012 beim Auslaufen des Mietvertrags ganz unsentimental "heilfroh, dass nach 40 Jahren die 18-Stunden-Tage ein Ende hatten".

Sein Theater-Wahnsinn habe auch dazu geführt, dass seine Partnerschaften zwar intensiv, aber nie von Dauer waren. "Das ist leider nicht ohne Verletzungen abgegangen. Einmal hat mich eine Frau gefragt: 'Wen liebst Du mehr, mich oder das Theater?' - 'Wenn Du eine ehrliche Antwort willst: das Theater'..." Da helfe es ihm, Taoist zu sein, erklärt Hubsi Kramar: "Da geht's um nichts haben, nichts halten, loslassen!" Außerdem habe er jetzt mit Frieda eine neue Lehrerin, die ihm zeige, was bedingungslose Liebe heiße. Frieda ist eine Labradorhündin, mit der er neulich in Marokko "auf Flitterwochen" war. Und wie manchmal im Gespräch weiß man in diesem Augenblick nicht so recht: Ernst oder Schmäh? Raffinierter Schauspieler oder wilder Hund?

"Dance Me To The End Of Love", heißt jedenfalls sein Leonard Cohen Abend, mit dem Hubsi Kramar erneut ins kalte Wasser springt, aufgefangen durch die Mitwirkung vieler langjähriger Mitstreiter wie Lucy McEvil, Stefano Bernardin oder Markus Kofler. "Ich kann eigentlich nicht singen, aber als Bühnenmensch bin ich schamlos. Wenn du nicht eine gewisse Chuzpe hast, darfst du eh gar nicht erst auf die Bühne", lacht Kramar. Er beschäftige sich erst seit relativ kurzer Zeit mit dem kanadischen Singer-Songwriter (1934-2016), habe dabei aber viele Parallelen zwischen ihm und dem Musiker festgestellt. "Wenn ich was über Cohen erzähle, erzähle ich gleichzeitig auch etwas über mich."

Kramar liebt Herausforderungen. Deswegen denkt er auch über eine andere überraschende Anfrage nach, die ihn vor seinem Geburtstag ereilt hat: eine Stepptanz-Gala, ein Fred-Astaire-Abend. "Das mach ich dann als Gala zu meinem 90er..."

(Das Gespräch führte Wolfgang Huber-Lang/APA)

(S E R V I C E - "Dance Me To The End Of Love. Die Hubsi Kramar/Leonard Cohen Gala", Mit Hubsi Kramar, Lucy McEvil, Stefano Bernardin, Sonja Romei, Dagmar Bernhard, Markus Kofler, Joachim J. Voetter, Patrik Huber. Musikalische Leitung: Martin Kratochwill, Kostüme: Caterina Czepek. Premiere: 20. März, 20 Uhr. Weitere Vorstellungen: 23.3., 16.4.; "Überlebenskünstler - Dr. Helmut Zilk im Gespräch mit Adolf Hitler" von und mit Hubsi Kramar und Peter Paul Skrepek. 20. und 21. April, 20 Uhr. Rabenhof Theater, Wien 3, Rabengasse, Karten: 01 / 7128282, )