Ein Buch pro Jahr ist für Bodo Hell offenbar zu wenig: Allein im vergangenen Jahr veröffentlichte der Sprachkünstler, Musiker und Regisseur den Essayband "Ritus und Rita" sowie gemeinsam mit der Schweizerin Zsuzsanna Gahse "Parallelprosa mit Insel Werd". Demnächst erscheint ein Buch über den Dachstein. Am 15. März feiert der Teilzeit-Almwirt seinen 75. Geburtstag.

1943 in Salzburg geboren, studierte Hell zunächst Orgel beim Salzburger Domorganisten Franz Sauer, sowie Philosophie, Germanistik und Geschichte. Vor der freien Mitarbeit beim ORF werkte er unter anderem als Autowäscher, Fließbandarbeiter, Sprachlehrer, Tutor und Lagerarbeiter. Ab 1977 veröffentlichte er äußerst unterschiedliche Bücher, Hörspiele und Theaterstücke, betätigte sich aber auch als Musiker, Regisseur, Ausstellungsdesigner und Fotograf. Seine Funktion als Almhirte mit an die hundert Pferden, Kühen und Rindern auf dem Berg ist für Bodo Hell "trotz aller körperlicher Anstrengungen ein Jungbrunnen auch für die Seele", wie er einmal sagte.

Seine Hochgeschwindigkeitssprache

Seine Liebe zur Natur und seine genaue Sprachbeobachtung zwischen den Welten thematisierte er auch in "Stadt Land Berg", jenem Text, den er für den Bachmann-Preis 2006 einreichte, und für den er ebendort mit dem Telekom Austria Jury-Preis ausgezeichnet wurde. Wie viele seiner Arbeiten stellt er eine Partikelsammlung sprachlicher Versatzstücke dar, eine Bestandsaufnahme der "Versprachlichung und Verschriftlichung aller Lebensumstände", der Hell mit seinem sensiblen Hören auf die heimlichen Bedeutungen von Zitaten, Floskeln und Botschaften in all seinen Werken auf die Schliche zu kommen versucht.

Auch seine Erzählungen wie "die Devise lautet" (1999) oder "mittendrin" (1991) verkörpern Collagen, in denen er Eindrücke aus Natur und Sprache, aus Stadtleben und Kommunikation immer wieder neu zusammensetzt. In Büchern oder Lesungen kooperierte Hell häufig mit Autorenkollegen wie Friederike Mayröcker, Ernst Jandl oder Liesl Ujvary.

Mit Musik kommentierte und mit Bildern illustrierte Hochgeschwindigkeitssprache gibt Hell auch in seinen Theaterstücken zum Besten. "Tracht:Pflicht" wurde im Rahmen von "Graz 2003" uraufgeführt, 2002 irritierte er in Krems mit der "Racheoper" "Ria nackt", einer multimedialen Bearbeitung des Ariadne-Mythos. Auch mit der Jazz-Gruppe "Trio Inflagranti" ließ er sich immer wieder auf Textvermittlung zwischen Konzert und Lesung ein, unter anderem bei den Rauriser Literaturtagen 2006, bei denen er schon 1972 den Rauriser Literaturpreis erhielt.

1991 folgte der Erich Fried Preis, 2003 der Preis der Literaturhäuser, 2006 dann der Telekom-Preis. Zuletzt erhielt er den mit 15.000 Euro dotierten Christine Lavant Preis 2017. In der Begründung hieß es: "Er ist ein enzyklopädischer Geist, er weiß fast alles. Er bringt die entlegensten Dinge zueinander und erschließt damit neue Sichtweisen und Bedeutungen."