Von Tom Turbo bis Fritz Fantom, vom Tiger-Team bis zur Knickerbocker-Bande: Sie haben in Ihren Büchern Generationen von Kindern Heldinnen und Helden geschenkt. Wer waren denn Ihre Helden?

THOMAS BREZINA: Wir Kinder von Bullerbü, Kalle Blomquist, überhaupt alle Astrid-Lindgren-Bücher. Und Krimis habe ich rauf und runter gelesen.

Was schätzten Sie an den Geschichten von Astrid Lindgren?

Ich hatte die große Ehre, mit Lindgren ein Fernsehinterview zu führen. Sie hat immer gesagt, es ist der größte Betrug an Kindern, wenn sich Erwachsene über ihre Köpfe hinweg zuzwinkern. Das hat sie nie getan. Sie hat stets ehrlich, herzlich und voller Liebe Geschichten erzählt; aber auch immer mit Spannung. Das ist mir wichtig: Dass ich die, für die ich schreibe, absolut ernst nehme.

1990 erschien der erste von 67 Bänden der Knickerbocker-Bande. Und - Überraschung! - mit Lilo hatte die Bande ein Mädchen als Anführerin. Wie wichtig war Ihnen diese Botschaft?

Das war ein Ziel von mir. Ich wollte ein starkes Mädchen als Oberhaupt dieser Bande installieren, das sich durchsetzen kann. Das ist von vielen von professioneller Seite eher als Problem gesehen worden. Man hat mir gesagt: Du wirst sehen, das kann nie erfolgreich sein.

Erinnern Sie sich noch an die Anfänge dieser Erfolgsgeschichte? Gab es Buben und Mädchen, für die Sie während des Schreibens im Geiste die Geschichten erzählt haben?

Ja, bis zum heutigen Tag sehe ich mich als so etwas wie einen mittelalterlichen Geschichtenerzähler. Wenn ich eine Geschichte schreibe, stelle ich mir vor, ich lese sie jemandem vor oder erzähle sie jemandem. Dann frage ich mich: Würden die Kinder mir jetzt zuhören oder nicht? Das spüre ich dann. Und nur wenn es sich um ein Ja handelt, schreibe ich sie auf.

Wissen Sie, wie viele Bücher Sie bislang veröffentlicht haben?

Mehr als 550.

Aber: Wie viele sind es genau?

Moment, ich habe irgendwo eine aktuelle Liste. Vielleicht finde ich die Zahl. Ich glaube, es müssten 556 sein.

Und könnten Sie nun noch alle Titel aufzählen?

Nein, das schaffe ich nicht.

Denken Sie manchmal ans Aufhören? Zum Beispiel, wenn Sie 700 Bücher oder eine andere Zahl veröffentlicht haben?

Es geht mir nicht um Zahlen. Geschichten zu erzählen ist mein Leben. Das werde ich bis zum letzten Atemzug machen.

Sind Sie selbst auch immer ein bisschen Kind geblieben?

Ich habe folgende Theorie: Dass bei mir im Alter von 18, 19 Jahren keine Rollbalken runtergegangen sind, die mich von meiner Kindheit und Jugend abgetrennt haben, von all den schönen und schmerzhaften Erinnerungen. Ich habe einen ausgeprägten Spieltrieb, den ich mir erhalten habe. Und ich besitze eine Fantasie, die schon in recht alltäglichen Dingen ein Abenteuer sieht. Ich habe mir eine kindliche Neugier bewahrt. Genauso gut bin ich aber ein erwachsener Mensch.

Nun, 27 Jahre nach dem ersten Fall, feiern Lilo, Axel, Poppi und Dominik als „Knickerbocker4immer“ im neuen Buch „Alte Geister ruhen unsanft“ ein Comeback. Wie kam es eigentlich dazu?

Plötzlich ist mir ein Knickerbocker-Buch für Erwachsene eingefallen. Aus einem Impuls heraus habe ich beschlossen, das jetzt zu machen.

Erfüllt Sie Ihr erstes Buch für Erwachsene auch mit Stolz?

Ich habe viel Respekt vor meinen Lesern. Ich höre den Kindern immer genau zu. Mich interessiert, worüber sie reden, was sie bewegt. Dieses Buch zu schreiben, war eine neue Herausforderung für mich. Ich liebe Herausforderungen.

Haben Sie damit gerechnet, dass die „Knickerbocker-Bande“ noch so viele Fans von früher hat?

Nein, das ist mir erst bewusst geworden, als ich unsicher geworden bin und auf Facebook ein kleines Video gepostet habe, in dem ich die Leserinnen und Leser von früher gefragt habe: „Wie würde euch so ein Abenteuer heute gefallen?“ Und das Echo war überwältigend.

Es ist in den sozialen Medien ein richtiger Hype um Ihre Person losgebrochen. Können Sie sich das eigentlich erklären?

Ich erzähle Geschichten - auf Facebook und Instagram. So erreiche ich Leser von früher in der Welt, in der sie heute leben und ich ihnen als Erwachsenen begegne. Das gefällt offensichtlich vielen sehr gut. Für mich ist beides Geschichtenerzählen.

Hat es in Ihrem Leben Phasen gegeben, in denen Sie gefürchtet haben, dass Ihnen die Ideen ausgehen, oder litten Sie je unter Schreibblockaden?

Das ist vorgekommen, für zwei Tage vielleicht. Der große Zweifel ist immer da. Immer. Ich glaube, er ist auch ein guter Antrieb für Qualität.

Sie leben in Österreich und London. Wie haben Sie den Brexit erlebt?

Grauenvoll. Das ist einer der schlimmsten Momente. Ich finde es nur schrecklich.

Und wie bilanzieren Sie den Ausgang der Nationalratswahl?

Ich gebe keinen politischen Kommentar ab.