Seit 2005 ist Eva Menasse literarisch tätig, zwei Romane "Vienna" und "Quasikristalle", zwei Erzählbände ("Lässliche Todsünden", "Tiere für Fortgeschrittene") und ein Essayband ("Lieber aufgeregt als abgeklärt") sind seither entstanden. Die Liste der Preise, die die in Berlin lebende Wienerin in dieser Zeit erhalten hat, ist genauso lang. Nun ist auch der Österreichische Buchpreis dazugekommen.

Am 11. Mai 1970 geboren, studierte Eva Menasse Germanistik und Geschichte. Als Journalistin reüssierte sie rasch. Sie war Redakteurin der Nachrichtenmagazine "profil" und "Format" und wechselte in das Feuilleton der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Für die "FAZ" begleitete sie den Londoner Prozess gegen den Holocaust-Leugner David Irving. Ihre diesbezügliche Reportagesammlung "Der Holocaust vor Gericht" war 2000 ihre erste Buchveröffentlichung. 2003 übersiedelte sie nach Berlin, wo sie mit dem Schriftsteller Michael Kumpfmüller einen Sohn hat.

Ihr Debütroman "Vienna" erschien 2005 im Kiepenheuer & Witsch Verlag mit einer Startauflage von erstaunlichen 50.000 Stück. Die Geschichte einer typischen Wiener Familie mit jüdischem und tschechischem Einschlag umfasste bekannte (ihr Vater war ein berühmter Fußballer, ihr Halbbruder ist der kürzlich mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichnete Robert Menasse) und weniger bekannte, dafür umso skurrilere Figuren. "Ich habe versucht, meine Familie neu zu erfinden" und "die Brüche des 20. Jahrhunderts" sowie deren Einfluss auf das Leben ihrer Familie einzufangen, sagte die Autorin damals im APA-Gespräch. Schon mit ihrem Debüt erhielt sie den Corine-Buchpreis, war für den Leipziger Buchpreis nominiert und erlebte, was sie auch später immer wieder feststellen sollte: die Diskrepanz der Rezeption in ihrer Heimat und ihrer Wahlheimat.

"Je länger ich weg bin, desto komischer kommt mir Österreich vor", sagte sie schon damals. Auch 2009, als ihr Erzählband "Lässliche Todsünden" erschien, beschäftigte sie sich als Eröffnungsrednerin der Buch Wien mit Österreich, "meiner Heimat, meinem Land, meinem Verhängnis". In Deutschland schwanke sie zwischen Scham für ihr Land ("oft genug") und "Anfällen wilden Patriotismus". Obwohl Schimpfen in Österreich Tradition habe, wolle sie sich nicht mit Tagesaktualitäten wie Fremdenrecht, Alltagsrassismus oder Studentenprotesten beschäftigen, sondern mit den "spannungsvollen Gegensätzen", die der Österreicher eingebaut habe: "Nach außen hin sind wir ein ruhiges, glückliches kleines Land", doch "wenn wir unter uns sind, sind wir dauernd gereizt bis aufs Blut."

Dass sie beredt ihre Zornesader schwellen lassen kann und ihr Engagement immer wieder in kämpferische Wortmeldungen fasst, belegen ihre Reden und Essays, die 2015 in dem Band "Lieber aufgeregt als abgeklärt" zusammengefasst wurden. Jüngst ist ihre Laudatio auf Margaret Atwood bei der Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels hinzugekommen. Atwoods Werk zeige besonders gut, "wie Literatur sein muss, um auch eine politische Wirkung zu entfalten", so Menasse.

In dem Roman "Quasikristalle" (2013) wagte sie - angeregt durch die Entdeckungen des Chemie-Nobelpreisträgers Daniel Shechtman - ein literarisches Experiment: das Porträt einer Frau aus den unterschiedlichsten Perspektiven. Das von Shechtman entdeckte Ordnungsprinzip habe sie "als passende Metapher für das Buch bestechend gefunden", sagte die Doderer-Verehrerin im Interview mit der APA. "Ich glaube, dass es, weil wir eben als Menschen auch unberechenbar und unlogisch sind, in Biografien immer Dinge gibt, die eigentlich nicht hineinpassen."

In Eva Menasses Biografie müssen das andere Dinge sein als Literaturpreise. Denn da fügt sich der Österreichische Buchpreis nach dem Heinrich-Böll-Preis, dem Literaturpreis Alpha, dem Jonathan-Swift-Preis und den Friedrich-Hölderlin-Preis ganz ausgezeichnet ein.