Beim Urlaub in Granada ist der türkischstämmige Kölner Schriftsteller Doğan Akhanli überraschend in Spanien festgenommen worden. Sein Anwalt Ilias Uyar sagte der Deutschen Presse-Agentur, der Festnahmeantrag sei aus der Türkei gekommen. Aus dem Deutschen Auswärtigen Amt hieß es am Samstag, man bemühe sich um konsularische Betreuung.

Dem "Spiegel" zufolge werteten Sicherheitskreise die Festnahme als erneuten Affront der Türkei gegen Deutschland. Die Schriftstellervereinigung PEN teilte mit, das Verfahren gegen Akhanli sei "eindeutig politisch motiviert". Vizepräsident Sascha Feuchert forderte die spanischen Behörden auf, den Autoren keinesfalls an die Türkei auszuliefern. Auch SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz hat die Festnahme als "ungeheuerlichen Vorgang" verurteilt.  "Es muss mit aller Vehemenz darauf gedrungen werden, dass Herr Akhanli nicht in die Türkei ausgeliefert wird und stattdessen schnellstmöglich freigelassen wird." Es sei schon ein Skandal, wenn Erdogan in der Türkei unschuldige Menschenrechtsaktivisten und Journalisten verhaften lasse, sagte Schulz. "Wenn er dies nun auch außerhalb des Territoriums der Türkei versucht, müssen wir uns als Europäer dem entschlossen entgegenstellen und sagen: So nicht!"

Akhanli saß von 1985 bis 1987 als politischer Häftling im Militärgefängnis von Istanbul, er lebt seit seiner Flucht aus der Türkei im Jahr 1991 in Deutschland und hat ausschließlich die deutsche Staatsbürgerschaft. Was ihm vorgeworfen wird, war zunächst unklar. Anwalt Uyar sagte dem Kölner "Stadt-Anzeiger", bei der spanischen Polizei habe ein Dringlichkeitsvermerk der internationalen Polizeibehörde Interpol vorgelegen.

Der Autor hat sich in seinen Werken unter anderem mit der Verfolgung der Armenier in der Türkei befasst. In seinen Texten, etwa im Roman "Die Richter des Jüngsten Gerichts", der 2007 im Klagenfurter Kitab-Verlag erschien, setzt sich Doğan Akhanlı stets für die kritische Auseinandersetzung mit historischer Gewalt und für die Unteilbarkeit der Menschenrechte ein.

2010 hatte ihn ein Istanbuler Gericht wegen eines Raubüberfalls vor 21 Jahren angeklagt. Akhanli hat die Anklage stets als politisch motiviert und konstruiert bezeichnet. Der Autor saß damals vier Monate in U-Haft, bevor er ausreisen konnte. Ein dringender Tatverdacht liege nicht mehr vor, hatte das Gericht entschieden. Der Schriftsteller Günter Wallraff war damals als Beobachter im Gerichtssaal und sprach von einem politisch motivierten "Schauprozess". Im Oktober 2011 wurde Akhanli  in Abwesenheit von einem Gericht in der Türkei vom Vorwurf des Raubes und Totschlags freigesprochen. Der Freispruch wurde aber wieder aufgehoben.

Akhanlis Anwalt zufolge lag bei Interpol eine sogenannte Red
Notice gegen den Schriftsteller vor. Damit kann ein Land dazu
auffordern, eine gesuchte Person ausfindig zu machen und vorläufig
festzunehmen. Es handelt sich nicht um einen Suchauftrag im Namen von Interpol selbst und nicht um einen internationalen Haftbefehl. Laut Interpol entscheiden die Länder selbst, wie sie mit einer Red Notice umgehen.