Mehr als ein Dutzend Romane hat John Irving verfasst, die in rund 35 Sprachen übersetzt wurden und sich weltweit mehr als 12 Millionen mal verkauften. Fünf wurden verfilmt, für "Gottes Werk und Teufels Beitrag" bekam der Autor einen Drehbuch-Oscar. Am 2. März wird er 75 Jahre alt.

Irving sei der "letzte noch aktive große amerikanische Autor", jetzt wo Saul Bellow, Norman Mailer und John Updike tot und Philip Roth in Rente seien, kommentierte jüngst der britische "Guardian". Aber Irving sieht sich selbst nicht einmal als wirklich amerikanischen Autor, wie er der Zeitung sagte. "Es fällt mir schwer, mich in einer Porträtgalerie der amerikanischen Schriftsteller zu sehen. Wenn ich mir anschaue, wie sich die meisten amerikanischen Autoren verhalten und worüber sie schreiben, dann bin ich nicht sehr amerikanisch."

Der gute Roman als Ziel

Er sei auch nicht mit den Büchern amerikanischer Autoren aufgewachsen und habe nie vorgehabt, den großen amerikanischen Roman zu schreiben. "Es kam mir immer vor wie patriotischer Extremismus, dass irgendjemand den großen amerikanischen Roman schreiben will. Warum nicht einfach nur einen guten?"

Geboren wurde John Winslow Irving 1942 im US-Bundesstaat New Hampshire. Er wuchs im Haus seines Stiefvaters auf, dessen Nachnamen er nach der Adoption auch bekam, und lernte seinen biologischen Vater nie kennen. Schon in der Schule fand er seine zwei großen Leidenschaften: Schreiben und Ringen, beides macht er bis heute. Mit dem Ringen finanzierte er sein Schreiben, bis er Ende der 70er Jahre mit "Garp und wie er die Welt sah" den Durchbruch schaffte. Es folgten weitere Bestseller wie "Die wilde Geschichte vom Wassertrinker", "Das Hotel in New Hampshire", "Owen Meany", "Witwe für ein Jahr" oder "Letzte Nacht in Twisted River".

Manische Recherche

Schreiben ist für Irving Handwerk, basierend auf nahezu manischer Recherche. Er gilt als Meister der Erzählkunst, der als einer der wenigen Autoren hohe literarische Qualität an eine große Leserschaft verkaufen kann. "Alle meine Bücher, die Geschichten und Charaktere existieren im Schnitt schon zwischen neun und zwölf Jahren in meinem Kopf, bevor ich sie aufschreibe", sagte Irving einmal der Deutschen Presse-Agentur. Den allerletzten Satz schreibt er stets zuerst. John Irving schreibt übrigens bis heute mit der Hand. "Einer der großen Vorteile ist, dass es einen langsamer macht", sagte er einmal dem US-Radiosender NPR. "Es lässt mich mit der Geschwindigkeit schreiben, von der ich denke, dass ich sie beim Komponieren haben sollte. Eine Tastatur macht mich zu schnell."

In seinem US-amerikanischen Heimatland ist er umstritten, weil er politische Themen wie Abtreibung und das Vietnamtrauma thematisiert. Bei den Europäern beschwert sich Irving, der seit einem Studienjahr 1963 in Wien auch Deutsch spricht, gern über seine "puritanischen und verklemmten" Landsleute.

Lange hat Irving in Manhattan gelebt, inzwischen wohnt er mit seiner zweiten Frau in Toronto und Vermont. Die drei Söhne, die Irving allesamt im Ringen trainiert und zu Regionalchampions gemacht hat, sind ausgezogen. Seitdem ringt Irving oft mit einer schweren, lebensgroßen Puppe. "Inzwischen ist die besser als ich, weil sie nie müde wird".

(Schluss) riß