Das "Fegefeuer der Eitelkeiten" machte Tom Wolfe berühmt. Seitdem genießt der stets im weißen Anzug auftretende US-Schriftsteller seinen Platz im Literatur-Olymp und teilt von dort wie gewohnt kräftig aus. Im neusten Buch klappt das nicht wirklich gut.

Der Autor hat sich schon mit vielem angelegt: Kunstexperten, moderner Architektur, Schriftstellerkollegen wie John Updike und Norman Mailer oder der Elite der Metropole Miami. "Wenn man mit niemandem streitet", sagte der Autor einmal in einem Interview, "dann ist man auch nicht sicher ob man lebt, wenn man morgens aufwacht." Inzwischen ist Wolfe weit über 80 und hat sein Archiv längst der New Yorker Stadtbibliothek verkauft - aber er fängt immer noch gerne einen Streit an.

Diesmal hat er sich nichts geringeres als die Evolutionstheorie von Charles Darwin und die Forschungen des vielfach ausgezeichneten Literaturwissenschaftlers Noam Chomsky vorgenommen. Auf rund 180 Seiten zerreißt er in "The Kingdom of Speech" beides in der Luft. Darwins Theorien seien im Hinblick auf Sprache ein "unordentliches Rätselraten" gewesen, Chomsky verspottet er als "Noam Charisma". Sein "bisher kühnstes Duell" sei dieses Buch, urteilt die "New York Times". Freunde will Wolfe sich damit jedenfalls nicht machen. Auf Deutsch erscheint das Buch am Mitte April 2017 unter dem Titel "Das Königreich der Sprache" im Blessing-Verlag.

Vergleichsweise gütlich

Darwin behandelt Wolfe noch vergleichsweise gütlich, Chomsky, einer der großen linken Intellektuellen der USA, kanzelt er vollständig ab. "Er teert und federt ihn, bevor er ihm eine Clowns-Nase aufsetzt und ihn in einem Kinderwagen die Klippe hinabstürzt", schreibt die "New York Times".

All das ist mitunter gut geschrieben und unterhaltsam, wie man es vom Autor von Bestsellern wie "Fegefeuer der Eitelkeiten" kennt. Mitunter driftet seine Sprache aber auch in sinnlose Fragmente ab. Dazu kommt ein noch größeres Problem: Wolfe nimmt es mit den Fakten nicht so genau. Das Buch enthalte "unverantwortlich stückhafte Erzählungen, durchsiebt mit grundlegenden Fehlern", empört sich der britische "Guardian". Es sei so überhaupt nur veröffentlicht worden, weil Wolfe so prominent sei. "Ein weniger bekannter und zugkräftiger Autor wäre von kritischeren Lektoren sicher vor solchen Peinlichkeiten bewahrt geblieben."

Die "New York Times" sieht das weniger dramatisch. "The Kingdom of Speech" sei als Provokation gedacht, nicht als Dissertation, und wolle zur Diskussion anregen. "Es klingt nach einem lebendigen Gehirn, das eine sehr gute Zeit hat, und den Geruch seines allmorgendlich frisch gebrauten Gifts genießt."

(S E R V I C E - Tom Wolfe: "The Kingdom of Speech", 185 Seiten, ISBN: 9780316404624)