Im Wörterbuch stehen als Synonyme für „Utopie“ unter anderem „Illusion“, „Luftschloss“, „Traumgebilde“. Haben Sie einen Science-Fiction-Film gedreht?
KURT LANGBEIN: Nein. Es geht um konkrete Beispiele von Lebensentwürfen abseits reiner Kapitalismusorientierung. Ich will an dieser Erzählung mitwirken: dass nämlich Wirtschaften und Zusammenleben jenseits von Gier, Ausgrenzung, Ausbeutung und Umweltzerstörung möglich ist.

Und wenn dieser Wunsch nach einem Konsum-Ritardando als sozialromantisch verklärte Realitätsferne kritisiert wird?
Es ist ganz und gar nicht romantisch verklärt, wenn Menschen davon überzeugt sind und aktiv daran arbeiten, dass unsere Erde noch Zukunft hat. Es sind gar nicht so wenige: Jeder zehnte Bürger in Europa ist bereits in kooperativen Formen aktiv. Es ist ein sich schnell weiterentwickelndes Segment in unserer Gesellschaft.

Kooperativen: Da läuten bei manchen kommunistische Alarmglocken.
Der Ostblock war eine pervertierte Staatsform, eine absurde Form gewinnorientierter Planwirtschaft. Es ist an der Zeit zu zeigen, dass eine andere, moderne Form des kooperativen Gedankens als ernsthafte Alternative zum Raubtierkapitalismus möglich ist. Es gibt bemerkenswerte globale Beispiele wie eine südkoreanische Supermarktkette, die über ein Genossenschaftsmodell 1,5 Millionen Kunden versorgt.

Im Film wird als ein Grund für das schwindende Bewusstsein die Entkoppelung von Produktion beziehungsweise Produzenten und Konsumenten angeführt.
Ja, es geht um die Überwindung dieser Entfremdung. Im Fall von Lebensmitteln geht das relativ einfach durch den direkten Austausch. Bei komplexen globalen Produkten wie Smartphones braucht es Geschichten wie jene des „Fairphones“, eines Handys, das aus fair gehandelten Rohstoffen und so gebaut ist, dass es repariert werden kann.

Wie hat sich die Arbeit zum aktuellen Film von jener für frühere Projekte unterschieden?
Nachdem ich mich in den letzten Jahren in meinen Arbeiten vor allem mit den Schattenseiten unserer gesellschaftlichen Entwicklung beschäftigt habe, habe ich bei diesem Film mit so vielen positiven Menschen kooperiert wie noch nie. Die Arbeit mit ihnen hat mir gezeigt, dass Menschen, die nachhaltig leben, nicht schmallippig verzichten müssen, sondern dass eine vernünftige Form des Konsums möglich ist.


So kann es nicht weitergehen?
Mittlerweile weiß fast jeder, dass es sich auf Sicht nicht mehr ausgeht, wenn wir weiter wirtschaften wie bisher. Wir verbrauchen aktuell zwei Planeten.

Versagt die Politik?
Sie widmet sich nicht den Zukunftsfragen. Die aktuelle Industrie- und Agrarförderung geht in die falsche Richtung. Das liegt aber auch an den Bürgern. Sie müssten lauter werden und ein Umdenken einfordern. Ansonsten droht Ungemach.