Auch wenn das Klagenfurter Stadttheater seinem Rumpelstilzchen die Verkleinerungsform genommen hat und den Titelhelden des jüngsten Kinderstückes schlicht „Rumpelstilz“ nennt: Dieses Männchen ist viel liebenswerter als das Zornbinkerl aus dem Märchen der Gebrüder Grimm. Niemand braucht sich zu fürchten vor diesem unbeholfenen Zauberwesen, das zwar der Müllerstochter helfen kann, Stroh zu Gold zu spinnen, sich aber dann doch schwer damit tut, seinen Lohn dafür einzufordern: das Kind der jungen Königin, die den unredlichen Handel schon längst bereut. Als das Gezerre um das Baby beginnt, wird klar, wer die wirklich Unmoralischen sind. Rumpelstilz wird zum Außenseiter, wenn er sagt: „Etwas Lebendiges ist mir lieber als alle Schätze der Welt.“ Geldgier und Schwäche des armen Müllers und der herrschsüchtigen Königin sind es schließlich, was die verzweifelte Tochter zu dem Versprechen gedrängt hat, das sie nicht halten kann. Der Erwartungs-Terror der Eltern ist hier der Ursprung allen Übels.

Das Auftragswerk für das Stadttheater wurde vom Deutschen Ulrich Hub textlich und von Philip Mayers musikalisch umgesetzt und spart nicht mit zeitgenössischen Versatzstücken - etwa wenn die Königin als „alleinerziehende Mutter“ empört ausruft: „Wir sind doch nicht im Mittelalter!“ oder der Chor des Stadttheaters als „Ruck-Zuck“-Zustellservice Paketsendungen liefert. Als die zur Königin gewandelte Müllerstochter verzweifelt versucht, den Namen des hilfreichen Männchens zu erraten, greift sie sogar zu Oleg, Mehmed und Mustafa, was bei der Uraufführung vor allem die Erwachsenen im Publikum amüsiert. Manches gerät dann doch etwas zu „deutsch“ („siehste“, da wird „gequasselt“ und „eine dicke Lippe“ riskiert), doch das junge Publikum lässt sich seine Märchenfiguren nicht so einfach ausreden: „Er heißt Rumpelstilz-chen!“, ruft ein enthusiasmierter Bub mitten ins Geschehen hinein.

Sichtbare Spielfreude

Das Ensemble agiert souverän und mit sichtbarer Spielfreude, allen voran die entzückend von Gewissensbissen geplagte Tanja Raunig als Müllerstochter und der Königssohn Josef Ellers als Muttersöhnchen zwischen Teddy und Thron. Heike Kretschmer als königliche Mutter ist eine Naturgewalt in Schlafrock und Krone, Lutz Wessel ein die Tochter ausnutzender, wehleidiger Vater. Michael Del Coco als sanftes Männchen, das seine hinunter gerutschten Stutzen hochzieht, folgt ebenso wie der Rest des Teams wie selbstverständlich den an Video-Clips und Rap-Rhythmen angelehnten Bewegungen des Feldkirchner Choreographen Lukas Zuschlag. Mit Live-Musik aus den Seitenlogen (Leitung: Fabian Mang) und dem protzigen Bühnenbild rund um eine barocke Schlosstreppe kann man Rumpelstilz(chen) fast lieb gewinnen.