Der österreichische Filmemacher Michael Haneke (75) hat in Cannes mit "Happy End" einen Film gezeigt, in dem es um eine bürgerliche Familie in Calais in Nordfrankreich geht, die plötzlich mit der Flüchtlingskrise konfrontiert wird. Doch um Immigration gehe es in dem Drama nicht, wie er in Cannes in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur und anderen internationalen Medienvertretern sagte. Ihm gehe vor allem um emotionale Blindheit.

In Deutschland wurde mit der Thematik der Flüchtlinge teilweise ganz anders umgegangen. Dort entstand das Wort der Willkommenskultur. Vielleicht ist die Menschheit doch nicht ganz so schlecht?
MICHAEL HANEKE: Das Thema des Films ist nicht Immigration. Es geht darum, dass die Menschen sich vor allem um sich selbst kümmern. Es geht um emotionale Blindheit, die sich nicht nur gegen Immigranten richtet.

Halten Sie diese emotionale Blindheit kennzeichnend für unsere heutige Gesellschaft?
MICHAEL HANEKE: Ich empfinde das so. Die Menschen waren nie besonders gut. Die emotionale Blindheit ist ein Charakteristikum unseres Jahrhunderts. Die Menschen sind überfordert und verschließen sich.

In welcher Sprache fühlen Sie sich mehr Zuhause. In Deutsch oder Französisch?
MICHAEL HANEKE: Ich schreibe auf Deutsch, übersetzt wird dann auf Französisch. Aber die erotischen Dialoge sind auf Französisch leichter und eleganter. Deutsch ist keine Sprache der Erotik. Das wird dann entweder vulgär oder prüder. Frankreich hat eine lange Tradition erotischer Literatur. Ich bin auf die Synchronisierung der erotischen Dialoge schon sehr gespannt.

Die Kritiken zu seinem Film lesen Sie hier.