hre Geschichte: märchenhaft. Seit frühester Kindheit wollte sie Sängerin werden. Als ihr Vater, ein Banker, ihr die Künstlerkarriere verbot, brach sie mit ihm und hielt sich jahrelang als Klavierlehrerin über Wasser. Erst als sie sein Vermögen erbte, verwirklichte sie, mit über 40, ihren Traum von der Gesangskarriere. Sie zog nach New York, machte sich in Künstlerkreisen bekannt und begann öffentlich aufzutreten.
Es gab nur ein kleines Problem. Florence Foster-Jenkins konnte nicht singen. Ihr Taktgefühl entsprach dem eines aufgeschreckten Heringsschwarms, ihre Koloraturen klangen wie die Angstschreie eines Pfaus in einem Häcksler. Das hielt die reiche Lady nicht von Auftritten ab, die von vergnügten Freunden und Schmarotzern stets frenetisch beklatscht wurden. Als zunehmend amüsierwillige Unbeteiligte die Konzertsäle füllten, hielt sie die Lachstürme des Publikums konsequent für Begeisterungsbekundungen. Mit 76 schließlich krönte sie ihre Karriere mit einem Auftritt in New Yorks Carnegie Hall. Das Haus war sofort ausverkauft, und hunderte wurden am Eingang wieder weggeschickt, erinnerte sich später Foster Jenkins’ Pianist Cosme McMoon.

"Mein Herr Marquis"

Als besonderer Konzerthöhepunkt erwies sich „Mein Herr Marquis“ aus Johann Strauß’ „Fledermaus“. McMoon: „Tumult brach aus. Eine bekannte Schauspielerin musste mit Lachkrampf aus der Loge getragen werden. Aber Florence war mit dem Abend sehr zufrieden. Soviel Jubel, Applaus, Lärm war in der Carnegie Hall kaum je zu hören gewesen.“
Einen Tag danach aber zerbrach die lange bewahrte Illusion, die Kritiken waren vernichtend. „Sie kann alles singen, nur Töne nicht“, spottete etwa die New York Sun. Einen Monat später starb Florence Foster Jenkins. An gebrochenem Herzen, wie es hieß.
Warum war sie außerstande, ihre schiefen Töne zu hören? Die Thesen reichen von Tinnitus bis zu einer falsch behandelten Syphiliserkrankung, die sie einem untreuen Ehemann verdankte – und die Gehör wie auch Selbstwahrnehmung beeinträchtigt haben könnte. Zweifelsohne war sie lächerlich. Aber auch unvergesslich – dank ihrer Hingabe an die Kunst, ihres Enthusiasmus, ihrer Fähigkeit zum Selbstbetrug. Und dank der Aufnahmen, die sie hinterließ und durch die die Nachwelt weiß, wie grausam sie die schönsten Arien der Operngeschichte hinmetzelte – ihre Rachearie als Königin der Nacht gehört bis heute zu den Highlights eines munteren Abends unter Musikliebhabern.
Gleich zwei Kinofilme drehen sich demnächst um die „schlechteste Sängerin der Welt“: Freitag startet Stephen Frears’ „Florence Foster Jenkins“, in der Meryl Streep die Titelheldin spielt und singt (!). Demnächst folgt die Doku „Die Florence Foster Jenkins Story“ von Ralf Pleger, für deren Spielszenen sich ein veritabler Opernstar vokal verbog: Mezzosopranistin Joyce DiDonato. In voller Pracht ist sie übrigens am Donnerstag im Wiener Konzerthaus zu hören.