"Große Gegenwartsnähe" attestierte die Jury beim Festakt im Frankfurter Römer den sechs für den Deutschen Buchpreis nominierten Romanen. Nun ist das ein elastischer Begriff, vor allem in der Literatur. Seltsam nur, dass zwar fünf Autoren, mit der Vorarlbergerin EvaSchmidt aber offenbar nur eine Autorin dieses Kriterium erfüllten.

Wie auch immer. Der mit 25.000 Euro dotierte Deutsche Buchpreis geht, durchaus verdient, an einen Autor, der seit Jahrzehnten die Literaturszene maßgeblich prägt. Bodo Kirchhoff (68) schuf nach Meinung der Expertenrunde mit seiner kleinen, subtilen Road Novel "Widerfahrnis" (Frankfurter Verlagsanstalt") den besten deutschsprachigen "Roman des Jahres". Der aus Hamburg stammende Autor lässt in seinem Buch einen Ruheständler mit der neuen Liebe in den italienischen Süden reisen, wo er mit der rauen Flüchtlingsrealität konfrontiert wird. Dies erschien manchen Kritikern als allzu konstruiert.

Nur Außenseiter

Und für Diskussionen dürfte auch die Tatsache sorgen, dass Kirchhoff sein Werk ausdrücklich als Novelle bezeichnet - und sich damit eigentlich klar von der Romanstruktur absetzt. Dennoch: "Widerfahrnis" zählt zweifellos zu den herausragenden Neuerscheinungen dieses Jahres, die Lektüre also lohnt sich in jedem Fall.

Ohnehin nur Außenseiter-Chancen wurden der Vorarlberger Autorin Eva Schmidt ("Ein langes Jahr") und dem oberösterreichischen Schriftsteller Reinhard Kaiser-Mühlecker ("Fremde Seele, dunkler Wald") eingeräumt. Ihnen bleibt, neben beträchtlich gestiegener Aufmerksamkeit, ein Trostpreis von jeweils 2500 Euro.