Die Muse hat es gut gemeint. Zu gut. Mit einer geballten Ladung an Eindrücken wurde am Samstag das Premierenpublikum in der Wiener Volksoper konfrontiert: Nach neun Jahren wurden "Hoffmanns Erzählungen" von Jacques Offenbach neu erzählt. Regisseur Renaud Doucet und Ausstatter Andre Barbe hatten ein Sammelsurium an Ideen auf die Bühne gebracht, das die guten Solisten aber nicht überstrahlen konnte.

Dabei fing alles ganz gut an. Ganz im Stil der Monty-Python-Animationen gewährte das Bühnenbild Einblick in des Schöpfers überdimensionalen Kopf. Die Zahnräder dürften aber auch bei der Regie heftig gerattert haben. Denn was sich in den folgenden Akten auf der Bühne abspielte, war mit einem Dutzend Blicken nicht zu erfassen. Barbes Hommagen reichen von "Der Zauberer von Oz" bis zu "Alice im Wunderland", in dem man sich zwischen Totenkopf-Bikinis und viel Glitzer verrennt.

Im Zentrum des gut gemeinten kreativen Ausbruchs steht auch bei dieser Inszenierung die Darstellung der Automatenfrau Olympia mit metallenem Reifröckchen. Und wie so oft wurde es zu einer Sternstunde für die Solistin, in diesem Fall durfte sich Beate Ritter für ihre Koloraturen bejubeln lassen: Virtuos, wenn auch etwas ungeschliffen sang sie sich sicher bis in die höchsten Frequenzen vor. In der Inszenierung von 2007 war es Daniela Fally, welche diese Rolle zu einer steilen Karriere verhalf.

Die Liebe des Publikums zu den Solisten reichte so weit, dass kaum ein paar Takte vergingen, bis wieder Zwischenapplaus einsetzte. Profitiert davon hat nicht nur die Hauptfigur, Mirko Roschkowski als schauspielerisch etwas matter aber gesanglich strahlender Hoffmann. Vor allem Josef Wagner in den vier diabolischen Rollen beeindruckte. Ihre Hausaufgaben gemacht hatten auch die vereinnahmend lyrische Anja-Nina Bahrmann als Antonia und die Hoffmann-erfahrene Kristiane Kaiser als Giulietta.

Aufwärts geht es in der Volksoper weiter mit dem Hausorchester. Diesmal verantwortlich für den fein geschliffenen Sound war Gerrit Prießnitz, der das Blech gezähmt und die Dynamik fein austariert hatte. Das Wohlwollen des Publikums entlud sich nach der Premiere gerecht auf alle beteiligten. Beim Auftritt des etwas zu heftig von der Muse geküssten Regisseurs gab es zwar vereinzelte Unmutsäußerungen, aber auch viel Begeisterung nach diesem Ausflug ins Opern-Disneyland.

"Hoffmanns Erzählungen" von Jacques Offenbach in der Volksoper, Währingerstraße 78, 1090 Wien.
Regie und Choreografie: Renaud Doucet, Ausstattung: Andre Barbe, Dirigent: Gerrit Prießnitz.
Weitere Aufführungen am 13., 15. 19., 23., 25. Oktober, 3., 6., 14., 23., 29. November sowie am 10. Dezember. Karten unter Tel. (01) 5131513.