Überreste von 1.970 Menschen, 1.272 Metallgegenstände und 132 Münzen: Das ist die Zwischenbilanz der diesjährigen archäologischen Grabungen am Domplatz in St. Pölten. Die 2010 gestarteten Arbeiten auf der "größten innerstädtischen Grabungsstätte Österreichs" sollen bis 2018 beendet sein. Die Pläne für die Neugestaltung des Platzes sollen 2017 präsentiert werden, teilte die Stadt am Donnerstag mit.

Heuer wurden in mehreren Abschnitten bisher mehr als 654 Quadratmeter geöffnet, zogen Bürgermeister Matthias Stadler (SPÖ) und Ausgrabungsleiter Ronald Risy ein Zwischenresümee. Mit 1.970 Individuen, die bisher freigelegt und dokumentiert wurden, werde nach dem Rekordjahr 2015 die zweithöchste Zahl an Bestattungen erreicht. Auf dem Domplatz lag vom 11. bis zum 18. Jahrhundert der städtische Friedhof. Die Funde füllen 65 Bananenkartons, 22.000 Fotos wurden zur Dokumentation gemacht.

Für die Neugestaltung des Domplatzes liege bereits ein Grundplan vor, der nun überarbeitet werden soll. "Ich habe im Frühjahr einen Glaskubus am Domplatz vorgeschlagen, um eine Diskussion darüber zu führen, wie man die einzigartigen archäologischen Funde zumindest teilweise sichtbar machen kann", berichtete Stadler von "guten Gesprächen" mit der Diözese. "Wir wollen dieses Alleinstellungsmerkmal der Bevölkerung bewusst machen und touristisch nutzen", erklärte der Bürgermeister und betonte erneut, dass der zentrale Platz nicht autofrei werden soll.

Römischer Palast

Von den Archäologen untersucht wurden heuer mehrere Teilflächen: Vor dem Domturm wurde die Schotterung eines Nord-Süd-laufenden innerstädtischen Straßenzuges der römischen Siedlung Aelium Cetium gefunden. Die entdeckten sogenannten Steckenlöcher mit darüberliegenden Resten eines Fundamentes sichern laut Aussendung die Interpretation einer zum römischen Verwaltungspalast gehörenden Porticus endgültig ab. Auf der Südseite des Platzes kamen Teile des bereits zuvor gefundenen spätmittelalterlichen Entwässerungsgrabens zum Vorschein. Entdeckt wurden außerdem Überreste einer römischen Mauer und mehrere Hypokaustpfeiler. Dies lässt auf ein großes römisches Gebäude mit zumindest drei mit Fußbodenheizung versehenen Räumen schließen.

Auf der seit Ostern geöffneten, 523 Quadratmeter großen Grabungsfläche standen laut historischen Schriftquellen zwei übereinandergelegene Kapellen, von denen die obere über ein im Norden angelegtes Stiegenhaus zu erreichen war. 1786 wurde die Kapelle abgetragen. Die Mauer der romanischen Kapelle wurde bis tief ins Fundament abgetragen, sichtbar ist nur die Ummauerung, wahrscheinlich aus dem 14. Jahrhundert. Von der unteren Kapelle konnten bisher keine Spuren nachgewiesen werden.