Terroranschläge, Amokläufe, Erdbeben: Die Realität ist derzeit oft schwer zu ertragen. Das Kino war schon immer eine Fluchtmöglichkeit für eine Spielfilmlänge. Auch deswegen passt der Eröffnungsbeitrag in Venedig bestens: Mit "La La Land" stand am Mittwoch ein knallbuntes Musical mit Emma Stone und Ryan Gosling als Auftakt für die 73. Internationalen Festspiele auf dem Programm.

Gleich in der ersten Szene setzt US-Regisseur Damien Chazelle den Ton für die folgenden zwei Stunden: Auf einem völlig verstopften Highway in Los Angeles entladen die wartenden Autofahrer ihre Energie in einer rasanten, gutlaunigen Musicalsequenz. Die ist außerdem der Beginn einer Liebesgeschichte: Jazz-Enthusiast Sebastian (Gosling) und die junge Schauspielerin Mia (Stone) lernen sich durch Zufall kennen und lieben. Beide wirken wie aus ihrer Zeit gefallen - sie schwärmt die Hollywoodfilme wie "Casablanca", er für den legendären Musiker Louis Armstrong.

Vom Träumen, Hoffen und Scheitern

"Ich glaube, wir brauchen jetzt mehr denn je Hoffnung und Romantik auf der Leinwand", sagte Regisseur Chazelle am Mittwoch in Venedig. Gerade Musicals verkörperten die Idee von Filmen als Traumland, "als Sprache unserer Träume". Emma Stone, die sich in Venedig gewohnt strahlend zeigte, erklärte, sie habe Musicals schon als Kind geliebt. Es sei immer ein Traum von ihr gewesen, in einem mitspielen zu können.

Allerdings schlägt "La La Land", der mit der Zeit etwas an Fahrt verliert, auch dramatischere Töne an. Beide Figuren erleben berufliche Rückschläge, ihren Zielen kommen sie nicht wirklich näher - doch die beiden Träumer geben nicht auf. "Dieser Film handelt vom Träumen und Hoffen und Hart-auf-etwas-Hinarbeiten", sagte Stone (27). Auch sie selber habe zu Beginn ihrer Karriere in Los Angeles "manch demütigendes Vorsprechen" erlebt.

Als strauchelnde Mia überzeugt Stone ("The Amazing Spider-Man") nun einmal mehr. Auch Ryan Gosling machte in der beschwingten Romanze singend und tanzend eine gute Figur - kam dann jedoch anders als erwartet nicht zur Eröffnung an den Lido. Angeblich war er durch Dreharbeiten für einen anderen Film verhindert.

Strenge Sicherheitsvorkehrungen

Trotz aller Leichtigkeit lässt sich die Realität aber natürlich auch auf dem venezianischen Lido nicht ausblenden. Nach den weltweiten Terrorattacken der vergangenen Monate gibt es verstärkte Sicherheitsmaßnahmen: Die Straßen rund um das Festivalgelände sind mit massiven Betonblöcken für Autofahrer gesperrt. Polizisten mit schusssicheren Westen und Maschinengewehren sichern die Kontrollpunkte.

Auch das schwere Erdbeben, das Italien vor einer Woche erschütterte, hat Auswirkungen auf das Festival. Das Galadinner und die Feier, die traditionell auf die abendliche Eröffnung folgen, wurden aus Respekt vor den Erdbebenopfern abgesagt. Außerdem richtete die Biennale ein Konto ein, um Spenden für die betroffene Region und Bevölkerung zu sammeln.

Möglicherweise wird am 10. September dann ein Film mit politischen oder sozialkritischen Tönen mit dem Goldenen Löwen geehrt. Für die internationale Jury steht das allerdings nach eigener Aussage nicht im Vordergrund. "Ich freue mich so darauf, ganz unvoreingenommen die Filme im Wettbewerb anzugucken", sagte die deutsche Schauspielerin Nina Hoss, die zur neunköpfigen Jury gehört. Ähnlich äußerte sich Jury-Präsident Sam Mendes. "Ich kenne meine Kriterien für herausragende Filme nicht. Ich werde sie aber erkennen, wenn ich einen sehe", sagte der britische Regisseur ("Spectre").