Jährlich pilgern Hunderttausende Menschen nach England, um Stonehenge zu besichtigen. Für Wolfgang Neubauer vom Ludwig Boltzmann Institut für Archäologische Prospektion und Virtuelle Archäologie sind jedoch nicht die Steine, sondern die Erde darunter interessant. Seit vier Jahren arbeitet er vor Ort und hat u.a. 17 neue Monumente entdeckt. Seine Ergebnisse hält nun auch eine TV-Dokumentation fest, die heute und am 28. November (22.45 Uhr, ORF 2) ausgestrahlt wird.

Bei ihrer Arbeit kommen die Archäologen völlig ohne Schaufel oder Spaten aus: Sie analysieren die Landschaft rund um das weltbekannte Monument mithilfe von Bodenradar, magnetischen Sensoren und terrestrischem Laserscanner, die unter anderem detailreiche 3D-Bilder der unterirdischen Anlagen liefern. So erhalten die Forscher ohne Grabungen Aufschluss über die Geschichte des Areals, das mit einer weit älteren Geschichte als der Errichtung der Megalithkonstruktion von Stonehenge aufwarten kann.

"In Wirklichkeit handelt es sich bei Stonehenge um eine riesengroße Landschaft, in der sich Hunderte Monumente befinden", erklärte Neubauer. Vor allem die Flächen zwischen den sichtbaren Grabhügeln seien lange "terra incognita" geblieben. Einigen verborgenen Schätzen ist man mithilfe dieser neuen Methoden nun auf die Spur gekommen: So haben der Archäologe und sein Team - darunter auch Experten der Universität Birmingham - etwa einen ca. 6.000 Jahre alten "long barrow", also Langhügel, entdeckt.

"Das Grabmonument ist besonders spannend, weil wir damit eine Verbindung zum europäischen Kontinent haben", meinte Neubauer. Denn bei dem "long barrow" machten die Bodenradardaten Spuren eines hölzernen Langhauses, das 33 Meter lang und acht Meter breit ist, sichtbar - eine Bauform, die in der Jungsteinzeit auch am Kontinent verbreitet war. "Hier wurden die Toten einer Gemeinschaft bestattet", schilderte Neubauer.

Es finden sich auch Hinweise auf die Form der Bestattung, die mit einer aufwendigen Entfleischung und Zerstückelung einherging. Einige Leichname wurden zudem ausgegraben und wieder bestattet. Diese Rituale wurden auf einem eigenen hölzernen Vorplatz durchgeführt. "Am Ende der Nutzung wurden die Häuser mit Kreidegestein aus der Umgebung überschüttet und so verborgen", erklärte der Archäologe.

Auch bei bereits bekannten Monumenten - wie etwa dem riesigen "Superhenge" Durrington Walls - konnte das Expertenteam neue Erkenntnisse liefern. Großflächige Messungen mit einem motorisierten Bodenradar ermöglichten Einblicke unter den rund um das Areal aufgeschütteten Wall. Dort fanden die Archäologen 70 große Gruben, die vermutlich als Fundamente für große Steine oder Holzpflöcke dienten. Diese wurden rund um eine natürliche Senke angeordnet, in der sich zwei Quellen befanden, die nur im Winter Wasser führten. "Das war vermutlich der Grund, warum dieser Ort schon lange vor Stonehenge als heilig galt", erklärte Neubauer.

Die Geschichte der Landschaft beginnt etwa 8.000 v.Chr., nach und nach soll diese jetzt freigelegt werden. "Mit dem Bodenradar erreichen wir eine Tiefe von zwei bis zweieinhalb Metern", so der Wissenschafter. Den Arbeiten auf dem inzwischen 23 Quadratkilometer großen Forschungsareal und ihren Ergebnissen wird nun auch eine TV-Dokumentation gewidmet. Der Zweiteiler "Operation Stonehenge" entstand unter Mitarbeit der österreichischen Filmproduktionsfirma Interspot.