Das „Projekt 2020“ kennt ein außergewöhnliches Ziel, das die Springer Maschinenfabrik GmbH in Friesach beharrlich verfolgt. Bereits jeder zweite Techniklehrling wird dann weiblich sein. Ursprünglich setzte man sich 20 Prozent als Latte, doch diese Marke hatte man bereits frühzeitig erreicht. Die ersten Etappen wurden also erfolgreich absolviert. 2012 nahmen die ersten Mädchen einen technischen Lehrberuf im 1952 gegründeten Traditionsunternehmen auf, 2016 schlossen die ersten davon die Lehre erfolgreich ab.

Derzeit sind sieben von 31 technischen Lehrlingen weiblich. Sehr zur Zufriedenheit von Lehrlingsbeauftragtem Helmut Liegl, der den positiven Klimawandel im Unternehmen betont: „Der Umgang miteinander im Betrieb ist ein anderer, wenn zwei Geschlechter zusammenarbeiten.“ Von den Männern seien die jungen Kolleginnen „sofort“ akzeptiert worden, sagt Liegl.

Firmenchef Timo Springer erinnert sich, dass zu Beginn durchaus Skepsis gegenüber einer gezielten Frauenförderung herrschte. Mittlerweile sei es aber offensichtlich: „Teams aus Männern und Frauen haben klare Vorteile: Die Zusammenarbeit klappt besser, die Kreativität steigt.“ Sarah Leitner kennt die Reaktionen, wenn sie als Mechatroniklehrling über ihre Ausbildung spricht: „Für manche ist es schon erstaunlich – aber negativ reagiert kein Einziger.“

Für die 17-Jährige war stets klar, dass sie einen technischen Beruf ergreifen will: „Ich bin in einer Werkstätte aufgewachsen.“ Der Opa war Tischler und Zimmerer. Im Polytechnikum Althofen stieß Sarah auf den Beruf des Mechatronikers. Automatisierung und Programmierung gehören genauso zur umfassenden Ausbildung wie das Drehen und Fräsen. „Ein vielseitiger Beruf, in dem man sich spezialisieren kann.“

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Als der Fotograf der Kleinen Zeitung die zwei Lehrlinge in die Forschungs- und Entwicklungshalle der Springer Maschinenfabrik bittet, ist ihnen der gewaltige „E-Feeder“ durchaus vertraut. Die Maschine, die an diesem Ort getestet und anschließend nach Kanada geliefert wird, soll neben anderen auch von Sarah programmiert werden. An der Wand fallen meterlange rote Kästen auf – schon beim Hinschauen wird einem fast schwindlig. Für Sarah und Kollegin Raphela ist das vertrautes Terrain: Sie müssen alles hier selbst einbauen, verdrahten und installieren, ein wesentlicher Teil der Ausbildung.

Nicht überall finden Lehrlinge so herausragende Rahmenbedingungen wie an diesem Ort: Die ersten beiden der vier Lehrjahre verbringen die Lehrlinge zumeist in der Lehrwerkstätte, ehe sie in der Produktion tatkräftig mitarbeiten können. „Lehrlinge sind keine billigen Hilfskräfte, sondern verdienen eine gute Ausbildung“, sagt Liegl. „Im Moment übernehmen wir alle, die fertig werden“, berichtet Bettina Lindschinger, fürs Marketing und damit auch für die „Anwerbung“ Jugendlicher zuständig. Bis zu 80 Prozent verbleiben auch im Unternehmen. „Es bedarf viel Werbung, damit sich die Mädchen auch drübertrauen. Wir müssen das nach wie vor herrschende Klischeedenken überwinden.“

Dabei spiele das Heben von Gewichten – eine Domäne kräftigerer Männer – keine wesentliche Rolle mehr, während Mädchen „oft feinfühliger im Umgang mit den Maschinen sind“, wie Liegl beobachtet. „Frauen und Technik passen gut zusammen. Nicht Muskelkraft, sondern Köpfchen zählt“, sagt dazu Timo Springer. Sarah, die aus St. Salvator vier Kilometer nach Friesach pendelt, absolviert eine Doppellehre mit Matura.

Sie meistert eine beträchtliche Doppelbelastung, mit 20 Wochenstunden Schule statt zehn. Und denkt bereits an später: „Ich will mich weiterbilden, den Meister machen und zur Montage fahren.“ Es ist so eine Art Königsdisziplin, wenn ein Trupp aus derzeit rund 25 Monteuren an verschiedenen Orten dieser Erde die Maschinen aus Friesach bei Kunden aufbaut und in Betrieb nimmt.

Springer erzeugt, plant, entwickelt und produziert unweit der Grenze zur Steiermark maßgeschneiderte Maschinen und Förderanlagen für die holzverarbeitende Industrie und liefert diese in die ganze Welt. 230 Mitarbeiter (ohne Leasingkräfte) arbeiten für das Familienunternehmen im Friesacher Stammwerk. Weltweit beschäftigt die Springer-Gruppe, die in der dritten Generation von Timo und Gero Springer geleitet wird, mehr als 500 Mitarbeiter.

Raphaela Pirker stammt aus einem Ort, der gut 50 Kilometer entfernt von der Burgenstadt liegt. Eine technische Ausbildung für Mädchen war bei den kleinen Firmen in ihrer Heimat offenbar nicht erwünscht: „Die haben alle keine Mädchen genommen“, erinnert sie sich. Auch wegen der Auflagen, die etwa eigene Toiletten und Umkleideräume für Mädchen vorsehen. Dann zog sie – mit 17 Jahren – nach Friesach, um bei Springer Maschinenbautechnikerin zu werden. Auch für Raphaela war klar: „Ich wollte eine technische Ausbildung, die halbe Familie übt technische Berufe aus.“

Sie entschied sich gegen einen Besuch der HTL in Klagenfurt und wählte dafür die Lehre: „Das war definitiv die richtige Entscheidung.“
Das sieht naturgemäß auch Helmut Liegl so: „Bei einer guten Lehre hast du bessere Chancen.“ Wenngleich er betont, dass für ein global agierendes Unternehmen wie Springer „eine gute Mischung aus Lehr- und HTL-Absolventen wichtig“ sei.

Bereits Anfang März wird Raphaela die Lehrabschlussprüfung, der sie mit Spannung entgegenfiebert, absolvieren. Auch sie strebt wie ihre Kollegin einen Abschluss als Meisterin an und will später ebenfalls „schauen, wie es draußen so ist, wenn die Maschinen aufgebaut werden“. Für ihre vielen männlichen Kollegen gibt es viel Lob: „Wenn es einmal um Kraft geht, helfen sie uns.“

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So offen sind allerdings nicht alle: Als eine der weiblichen Lehrlinge bei einem bekannten Weiterbildungsinstitut einen Kurs für den Kranschein absolvieren wollte, fragte sie der Kursleiter ernsthaft, ob sie sich denn vielleicht im Raum geirrt habe.

Das hatte sie freilich nicht. „Das Umdenken findet halt nur langsam statt“, erklärt Lehrlingsbeauftragter Liegl. Im Friesacher Unternehmen kann man darüber nur den Kopf schütteln: „Jeder unserer Lehrlinge soll einen Kranschein machen, einen Schweißkurs ablegen und den Staplerführerschein absolvieren.“

Um das Ziel 2020 – 50 Prozent der Lehrlinge sind weiblich – zu erreichen, müsse freilich noch einiges passieren. Vor allem ein Umdenken in der Gesellschaft sei gefragt. Mädchen in technischen Berufen müssten zur Selbstverständlichkeit werden. Nach wie vor sei es aber auch schwierig, Mädchen für eine technische Lehre zu begeistern, das weiß auch Timo Springer. Obwohl die Perspektiven und die Bezahlung sehr gut seien. Höchste Zeit also, dass sich das Wissen durchsetzt: Männerberufe sind auch Mädchenberufe.