Andere Lebenswege, neue Karrieren: Anstatt die oft linearen Laufbahnen ihrer Eltern einzuschlagen, nähern sich heute viele junge Menschen ihrem Beruf auf anderen Wegen – und vor allem ihrer Berufung. Matura, Lehre, Studium sind etwa für die Mediendesigner Carina Steinegger und Matthias Kirbisser – sie arbeiten im Layout der Kleinen Zeitung – kein Widerspruch. Sie wandeln so selbstverständlich zwischen den Welten, wie es früher jahrzehntelange Laufbahnen in ein und derselben Firma gegeben hat. Hier sind ihre Beweggründe – und warum der Mix so wichtig für ihr Leben und ihre Arbeit ist.

Carina Steinegger (22) hat die Matura absolviert und ihr Studium abgebrochen, weil sie sich für das Thema Mediendesign und die Praxis entschieden hat:

Ich komme aus Kammern im Liesingtal, war acht Jahre im Gymnasium in Leoben, im sprachlichen Zweig. Dann bin ich nach Graz zum Studium der Pharmazie. Ich habe mich ja zuerst nicht entscheiden können, aber jeder hat gesagt, du hast Matura, keinen Beruf, du musst studieren. Ich bin dann schnell draufgekommen, dass das Uni-System nicht meiner Art, an Dinge heranzugehen, entspricht.

Der Wendepunkt nach drei Monaten Studium war: Ich bin stundenlang in der Physikvorlesung gesessen und ich habe mir gesagt: Das interessiert mich nicht. Was tue ich noch da? Mediendesign war schnell mein Ziel, da hatte ich schon bei unserer Maturazeitung Feuer gefangen, ich habe mir selbst Programme heruntergeladen und sie mir beigebracht, damit wir daran arbeiten können. Eine FH wäre vielleicht interessant gewesen, es hätte auch die Möglichkeit einer Kolleg-Ausbildung für Mediendesign gegeben.

Alle, mit denen ich geredet habe, sagten mir: Die Jobsituation ist nicht gut, auch mit einer Ausbildung. Wenn du aber eine Lehre bekommst, mach sie. Also habe ich mich bei der Kleinen Zeitung beworben, bin zum Bewerbungsgespräch geladen worden und war auch „Probe arbeiten“. Eine Woche später habe ich die Zusage bekommen und bis drei Uhr früh gefeiert. Weil ich wusste: Das ist es, was ich will! Eine praxisnahe Ausbildung, du lernst es mittendrin. Ich hätte das mit 15, 16 noch nicht so klar gesehen. Aber mit 18, nachdem ich ins Studium hineingeschnuppert hatte, wusste ich, wo es für mich langgeht.

Selbstständiger sein, den eigenen Traum durchsetzen. Die Berufsschule war dann schon etwas ernüchternd für mich, da hätte ich mehr Herausforderungen gebraucht, das System ist zu alt. Den Schritt in die Lehre selbst habe ich aber nie bereut. Ich habe es auch nicht gemacht, damit ich gleich Geld verdiene, das war nicht meine Motivation – sondern dass ich einen Job bekomme und ihn von der Basis auf lernen kann. Ich möchte noch weiterlernen, mich selbst weiterbilden. Die Digitalisierung eröffnet so viele Möglichkeiten, alleine beim Webdesign. Auch eine Videoausbildung halte ich in dem Bereich für erstrebenswert.

© Juergen Fuchs


Matthias Kirbisser (25) ist ebenfalls Mediendesigner bei der Kleinen Zeitung. Seine Laufbahn umfasste mehrere Ausbildungen und er holt gerade die Matura nach. Er schildert seinen Weg, den er für die Karriere eingeschlagen hat, so:

Meine Eltern haben eine Landwirtschaft in Deutsch Goritz, ich hätte auch diesen Berufsweg einschlagen können. Aber für mich hat sich schon früh ein Ziel abgezeichnet: Ich habe in der Hauptschule einen Berufseignungstest gemacht und hatte eine hohe IT-Affinität, weil ich viel in der Gaming-Szene unterwegs war. In der Schule wollte ich nicht bleiben. Ich wollte gleich Geld verdienen. Also habe ich eine Schule für IT-Techniker begonnen, das war bei meinem Interesse eine logische Konsequenz.

Natürlich hätte ich auch auf die Landwirtschaftsschule gehen können, aber meine Eltern haben gesagt, ich könne jeden Weg gehen, den ich will, obwohl ich der einzige Bub in der Familie bin. Dreieinhalb Jahre war ich auf der IT-Schule (Anm.: damals Fachschule für Datenverarbeitung), pendelte nach Weiz und bin dann ins Kolleg gegangen. Im Kolleg habe ich Wirtschaftsingenieurwesen mit Schwerpunkt Betriebsinformatik gewählt. Ich habe schnell gemerkt, dass das nicht mehr ganz meine Richtung ist. Es war mir zu viel Theorie, deshalb habe ich das Kolleg schließlich abgebrochen und Zivildienst gemacht.

Während ich arbeitslos war, habe ich zu Hause in der Landwirtschaft ausgeholfen. Dass ich mich dann berulich anders entwickelt habe, verdanke ich meiner BFI-Jobtrainerin, Marlene Eibel. Sie war für mich die coolste Frau dort. Sie hat gesagt, die IT passe nicht zu mir, ich solle doch jeden Tag grafisch neue, coole Sachen entwerfen. Ich sei kreativ, das passe einfach besser zu mir. Wir haben dann auf die Anzeige der Kleinen Zeitung eine Bewerbung ganz im Stil der Zeitung (Anm.: siehe rechts) entworfen.

Meine Trainerin wollte einfach Jugendliche mit voller Kraft auf die richtige Spur bringen. Das zu machen, was sie können. Sie war für mich die beste Motivationstrainerin. Und ich hab’s letztlich wirklich geschafft. Mit 21 habe ich die Berufsschule – und die gleichen Erfahrungen wie Carina – gemacht. Das System müsste erneuert werden, von den Rechnern bis zum Photoshop, da waren wir nicht auf der Höhe der Zeit. Die Lehre habe ich dann mit ausgezeichnetem Erfolg absolviert, auch den Preis „Star of Styria“ gewonnen, aber das wollte ich nicht an die große Glocke hängen.

Jetzt hole ich die Matura nach, im Juni habe ich meine letzte Prüfung, Deutsch. Und dann? Studieren werde ich wohl nicht, das bringt mir nichts mehr, auch die FH nicht. Ich sehe das an dem, was ich hier gelernt habe. Ich hätte keine Ausbildung machen können, die mir mehr gebracht hätte. Ich will weiter Zeitung, Magazine und später auch Webdesign machen. Mich selbst fortzubilden ist mir echt wichtig, nach der Matura gehe ich es wieder an. Das ist das Um und Auf in der heutigen Arbeitswelt.