Frau Stering, Sie haben bei AT&S eine Lehre als Physik-Labortechnikerin absolviert, Ihren Lehrabschluss mit Auszeichnung gemeistert. Wie kam es bei Ihnen eigentlich zu dieser Berufswahl?
ESTHER STERING: Ich habe an der AHS die Matura gemacht und dann an der Montanuni in Leoben Metallurgie studiert, das Studium aber abgebrochen. Ich habe während dem Studium bei einem Praktikum im Bereich Qualitätsmanagement gemerkt, wie sehr mir das praktische Arbeiten gefällt, vor allem die Arbeit in einem Labor hat mich gereizt. Und dann habe ich mich bei AT&S beworben, habe dort geschnuppert und wurde für die Lehre als Physiklaborantin aufgenommen. Ich arbeite nach wie vor im Labor.

Sie, Frau Matejka, haben bei der Andritz AG eine Lehre als Papiermacherin abgeschlossen, zuvor aber auch ein Studium der Betriebswirtschaftslehre bewältigt. Was hat Sie zu diesem Werdegang angespornt?
CHRISTINA MATEJKA: Nach der HBLA habe ich mich für ein BWL-Studium entschieden, seit meinem 16. Lebensjahr nebenbei auch gearbeitet und Ferialjobs gemacht, ab 1999 auch bei Andritz als Werkstudentin. Neben dem Studium bin ich also halbtags auch einer Arbeit nachgegangen. Für meinen Bereich, die Holzstoffaufbereitung, war das Wirtschaftsstudium zwar auch passend, zum Beispiel in Bezug auf Kalkulationen, Controlling und Angebotserstellungen. Aber die technischen Details, die bekommt man in diesem Studium natürlich nicht vermittelt. Daher habe ich nach dem Studienabschluss auf eigene Initiative bei Andritz angefragt, inwieweit man mich bei einer berufsbegleitenden Ausbildung unterstützen würde. Das wurde sehr begrüßt. Ich habe mich dann also zweieinhalb Jahre lang in eine berufsbegleitende Erwachsenen-Lehre in der Papiertechnik geschmissen.

Frau Pichler, Sie machen bei Siemens in Graz eine Lehre als Stahlbau- und Schweißtechnikerin. Was hat zu dieser Berufsentscheidung geführt?
NADINE PICHLER: Ich bin vor meiner Lehre ins Gymnasium gegangen, aber ich habe mir schwer getan, weil es an der AHS überhaupt keine Berufsorientierung gab, ich aber gemerkt habe, dass mir die Schule alleine zu theoretisch ist. Ich wollte meine praktischen Fähigkeiten einsetzen. Ich habe dann in viele Berufsgruppen hineingeschnuppert, von Friseurin bis hin zur Industriekauffrau. Dann bin ich bei Siemens gelandet, habe dort ein Praktikum absolviert und mich entschieden, eine Lehre zu beginnen, mit Matura, ich mache also parallel zur Lehrausbildung auch die Matura, das wird vom Unternehmen sehr unterstützt.

Woran liegt es, dass trotz zahlreicher Initiativen Frauen in technischen Lehrberufen noch immer unterrepräsentiert sind?
STERING: Interesse an Technik war bei mir immer vorhanden, daher habe ich mich auch beruflich in diese Richtung orientiert. Der Gedanke, dass ich als Mädchen oder Frau einen technischen Beruf nicht angehen könnte, war mir immer völlig fremd. Das ist nie zur Debatte gestanden, ich bin auch nicht so erzogen worden und auch nie in eine Richtung gedrängt worden.

MATEJKA: Das Klischee beginnt schon in vielen Haushalten, wo der Papa beim Heimwerken zur Tochter sagt, geh’ da weg, du tust dir nur weh. Bei uns zuhause war das ganz anders, da hat der Papa gesagt, die erste Sesselleiste mache ich und die restlichen zehn machst du, da hast den Schrauber. Technik hat einfach mit Interesse zu tun. Man muss auch Mädchen die Chance geben, in solche spannenden technischen Berufsbilder hineinzuschnuppern und das wurde lange einfach viel zu wenig gefördert. Mittlerweile gibt es da viele Initiativen, beispielsweise „Explore Andritz“ oder „Girls day’s“, wo Mädchen auch schon in der Schule aktiv begeistert werden sollen.

PICHLER: Ich glaube, gerade weil es diese Klischees gibt, ist es als Frau nicht so einfach, den Entschluss zu fassen, eine technische Lehre zu starten. Ich habe auch darüber nachgedacht, mich gefragt, ob ich da hinein passe. Für mich waren die Schnuppertage ganz entscheidend, die haben mich bestärkt, dass dieser Weg der richtige für mich ist. Man muss solche Klischees von Frauen- und Männerberufen einfach durchbrechen.

Was fasziniert Sie an Ihrem Beruf?

STERING: Das ist einfach eine sehr abwechslungsreiche, eine sehr feine und genaue Arbeit. Ich mache in meinem Bereich Thermoanalysen, das ist spannend, nichts oberflächliches, da kann ich mich wirklich hineinknien und viel Wissen aufbauen.

MATEJKA: Die Faszination beginnt für mich beim Endprodukt. Papier ist Produkt des Alltags, wenn man sich das einmal genauer ansieht, warum ein Einkaufssackerl aus Papier eigentlich nicht reißt, warum saugt eine Küchenrolle, warum lässt sich Papier mit Wärme beschreiben? Das sind nur eoinige wenige von vielen faszinierenden Fragen, die durch den Beruf der Papiertechnik verständlich gemacht werden. Nach einer Lehre stehen uns unendlich viele Möglichkeiten offen, es braucht aber auch Eigeninitiative dafür.

PICHLER: Die Faszination macht in meinem Beruf vor allem das Endprodukt aus. Wenn ich in einen Zug steige und weiß, dass ich bei den Fahrwerken mitgearbeitet habe, dann macht mich das stolz. Mein Beruf besteht aus zwei Bereichen, dem Handschweißen und – durch die Automatisierung – auch den Roboterschulungen und Ausbildungen. Daraus ergeben sich für mich so viele Möglichkeiten, ich kann unheimlich viel lernen, mich weiterbilden, es gibt in technischen Berufen eine ständige Weiterentwicklung. Uns stehen im Unternehmen auch alle Türen offen. Deshalb wird die Lehre mit Matura gefördert, wir bekommen auch die Möglichkeit Auslandspraktika zu machen, lernen andere Kulturen kennen.