Misserfolg hat bei vielen den Geruch des Scheiterns und Versagens; und damit den sozialen Abstieg. Dass Misserfolg auch der Anfang eines Lernprozesses sein kann, aus dem viel Neues entstehen kann, davon geht nur ein Bruchteil der Interviewpartnerinnen und -partner von Zulaicha Parastuty aus. „Das Ende eines Unternehmens wird als etwas Trauriges empfunden“, erklärt sie. Die Wirtschaft brauche Unternehmerinnen und Unternehmer; viele von ihnen müssten aber in den ersten Jahren einsehen, dass so manches schwerer ist als erwartet. Insgesamt sind es in den ersten fünf Jahren, global betrachtet, 40 bis 50 Prozent der Unternehmen, die wieder eingestellt werden. Nicht alle davon sind als gescheitert zu betrachten: Einige wenige verkaufen ihr Unternehmen gewinnträchtig an solche, die daraus etwas vielversprechendes Größeres machen wollen, andere machen aus persönlichen Gründen eine kurze Pause der Inaktivität. Genauso unterschiedlich sind auch die Werdegänge der ausgestiegenen Unternehmerinnen und Unternehmer: Manche gründen neue Unternehmen, andere stellen sich als Angestellte am Arbeitsmarkt zur Verfügung.

„Wir wollen wissen, was Menschen aus dem Unternehmensausstieg mitnehmen, sei es in neue Unternehmen oder in Angestelltenverhältnisse. Uns interessiert, auch vor dem Hintergrund einer Humankapitaltheorie, was aus den Erfahrungen gewonnen wird. Werden die Erfahrungen nicht nutzbar gemacht, sind sie ein Verlust, was traurig wäre“, so Parastuty. Lernen sei besonders unter diesen Umständen ein komplexer Prozess, den sie genauer unter die Lupe nehmen möchte. Konkret sind es zwei Fragen, die über ihrer Forschungsarbeit stehen: Tendieren diejenigen, die versagen, auch später immer wieder zum Scheitern? Oder baut Erfolg immer auf vorangegangenen Misserfolg mit den entsprechenden Lerneffekten auf? Derzeit kann sie diese Fragen noch nicht beantworten; sie hofft aber, durch weitere Studien noch mehr herauszufinden.

Gefragt nach der kulturellen Einordnung des Scheiterns erzählt Zulaicha Parastuty, dass viele ihrer Interviewpartner kaum offen über Misserfolge sprechen wollen. Dies sei beispielsweise in den USA anders, dort seien Misserfolge „part of the game“. Diejenigen, die aus Unternehmen aussteigen, erreicht sie unter anderem mit einer Studie, gefördert vom Jubiläumsfonds der Oesterreichischen Nationalbank, im Rahmen derer Langzeitdaten von Unternehmen von deren Gründung an gesammelt werden. In Kärnten gebe es außerdem eine Kooperation mit der Wirtschaftskammer, über die geschlossene und inaktiv gestellte Unternehmen kontaktiert werden könnten. Parastuty würde zukünftigen Unternehmerinnen und Unternehmern empfehlen, den Unternehmens-Exit schon bei der Gründung mitzudenken: „Das hilft vielleicht auch dabei, sich darüber im Klaren zu sein, was man mit dem Unternehmen erreichen will. Die meisten traditionellen Firmen sollen auf ewig im eigenen Besitz oder im Familienbesitz bleiben; insbesondere bei jungen Start-ups in der Technologiebranche ist es aber durchaus üblich, von größeren Konzernen gekauft zu werden. Die meisten machen sich darüber zu Beginn aber keine Gedanken.“

In ihrer wissenschaftlichen Karriere hat Zulaicha Parastuty schon mit unterschiedlichen Entrepreneurship-Kulturen zu tun gehabt: Ursprünglich aus Indonesien stammend, kam sie an die Delft University of Technology in den Niederlanden. Ihre Forschung dafür konnte sie im Rahmen des EIM, eines „Business and Policy Research“-Instituts in den Niederlanden im Bereich von Unternehmertum durchführen. Danach kehrte sie als Forscherin und Lehrende an das “Industrial Engineering Department“ an der University of Surabaya (Indonesien) für sechs Jahre zurück. 2012 nahm sie eine Stelle als Projektassistentin am Institut für Innovationsmanagement und Unternehmensgründung an der Alpen-Adria-Universität an, wo sie zumindest bis 2019 bleiben wird. Damit hat sich für Parastuty ein Traum erfüllt: „Als Studentin in den Niederlanden kam ich einmal in die Schweiz und war sofort begeistert; ich liebte die Berge und die Natur. Zu meinen Freunden sagte ich: Das wär’s, hier würde ich gerne leben. Es schien aber für alle unwahrscheinlich, dass man in einer solchen Umgebung auch eine Universität finden könnte, an der es Entrepreneurshipforschung gebe. Mit meiner Tätigkeit in Klagenfurt ging dieser Traum aber in Erfüllung“, erzählt sie enthusiastisch.

Zulaicha Parastuty will in der Forschung bleiben; dabei ist sie auch offen, wo es in einem nächsten Schritt hingehen soll. Für eine junge Familie, wie sie es hat, ist ein akademischer Weg aber oft voller Herausforderungen: „Die kurzen Verträge sind einerseits schwierig, andererseits zwingen sie uns aber auch dazu, woanders hinzugehen und den eigenen Horizont zu erweitern. Für mich waren die Erfahrungen in den Niederlanden und in Indonesien sehr wichtig.“ Parastuty will weiterlernen; vor allem auch über das Lernen von Entrepreneurinnen und Entrepreneuren. Bis hin zur Frage: Gibt es eine Weisheit, die sich aus den Erfahrungen von (auch von Misserfolg geplagten) Unternehmerinnen und Unternehmern heraus entwickelt?