Merck, ein Wissenschafts- und Technologieunternehmen, hat eine Vereinbarung zum Verkauf seines globalen Consumer-Health-Geschäfts an Procter & Gamble (P&G) für rund 3,4 Milliarden in bar unterzeichnet. Betroffen ist damit der gesamte Produktionsstandort Spittal, an dem kürzlich ein Innovationszentrum eröffnet wurde.

Der Vollzug der Transaktion wird zum Ende des vierten Quartals 2018 erwartet, vorbehaltlich der Zustimmung relevanter Aufsichtsbehörden sowie bestimmter weiterer üblicher Abschlussbedingungen. Merck beabsichtigt, mit dem Nettoerlös aus der Veräußerung in erster Linie die Entschuldung weiter voranzutreiben.

Konzentration auf Pharma-Geschäft

„Der Verkauf des Consumer-Health-Geschäfts ist ein wichtiger Schritt in der strategischen Ausrichtung von Merck auf innovationsgetriebene Geschäfte in den Bereichen Healthcare, Life Science und Performance Materials. Das ist ein klarer Beleg dafür, dass wir unser Portfolio als Wissenschafts- und Technologieunternehmen aktiv gestalten. Die attraktive Bewertung spiegelt den hohen Wert von Consumer Health wider und belegt die positive Entwicklung des Geschäfts“, sagte Stefan Oschmann, Vorsitzender der Geschäftsleitung und CEO von Merck. Bei Analysten kam das positiv an: "Das wird dem Unternehmen dabei helfen, sich auf das Pharmageschäft zu konzentrieren", teilten die Morgan-Stanley-Experten mit. Im Handel bei Lang & Schwarz legten die Merck-Aktien 1,6 Prozent zu.

Standorte Spittal und Goa verkauft

Die Transaktion wird über den Verkauf von Anteilen an mehreren Merck-Tochtergesellschaften sowie im Wege weiterer sogenannter Asset Deals durchgeführt. Sie umfasst das Consumer-Health-Geschäft in 44 Ländern mit mehr als 900 Produkten und zwei von Consumer Health geführten Produktionsanlagen in Spittal und Goa (Indien).

Im Rahmen der Transaktion sollen rund 3300 Mitarbeiter, im Wesentlichen von Consumer Health, zu P&G wechseln – nach Vollzug und vorbehaltlich der Einbindung der Arbeitnehmervertreter soweit erforderlich. Dazu gehören auch Mitarbeiter, die zu 100 Prozent für Consumer Health tätig sind, und solche aus Gesellschaften, die im Wege eines Anteilsverkaufs auf P&G übergehen. Der Verkauf des globalen Consumer-Health-Geschäfts umfasst noch nicht das französische Consumer-Health-Geschäft. Für dieses hat P&G zunächst ein bindendes Angebot zum Erwerb abgegeben, das Merck nach Durchführung der Informations- und Konsultationsverfahren mit den jeweiligen lokalen Arbeitnehmervertretern annehmen kann.

Für das Geschäft in Indien wurde vereinbart, dass P&G die Mehrheitsbeteiligung von Merck an der börsennotierten Merck Ltd. (Indien) erwirbt und in der Folge den Minderheitsaktionären ein Pflichtangebot macht. Im Rahmen der Transaktion haben Merck und P&G eine Reihe von Fertigungs-, Liefer- und Servicevereinbarungen geschlossen.

Konzentration auf Pharma-Geschäft

„Die globale Reichweite von P&G und das strategische Interesse an der Gesundheit und dem Wohlbefinden von Konsumenten sind eine hervorragende Basis für beschleunigtes Wachstum. So kann die Leistungsfähigkeit des Consumer-Health-Teams wirksam genutzt und das Geschäft profitabel ausgebaut werden. Die vermarkteten Portfolios, die Produktpipelines und die geographische Ausrichtung beider Geschäfte ergänzen sich in hohem Maße“, sagte Belén Garijo, Mitglied der Geschäftsleitung von Merck und CEO Healthcare. „Mit dieser Transaktion setzen wir unsere Strategie konsequent um, ein globaler Innovationsführer für Spezialprodukte zu werden und Patienten bahnbrechende Medikamente zur Verfügung zu stellen.“

Begrüßung in der Procter & Gamble Familie

Procter & Gamble stellt unter anderem Wick-Erkältungsmittel her. Das Unternehmen, das auch für Pampers-Windeln und Ariel-Waschmittel bekannt ist, baut mit dem Zukauf sein Arzneimittel-Geschäft deutlich aus. Zu der Merck-Sparte für rezeptfreie Medikamente gehören neben anderen das Nasenspray Nasivin und Femibion-Schwangerschaftsvitamine. Der Geschäftsbereich setzte im vergangenen Jahr gut 900 Mio. Euro um. Insgesamt sollen nach Merck-Angaben etwa 3300 Mitarbeiter zu Procter & Gamble wechseln, wenn die Arbeitnehmervertreter zustimmen.

Die Spittaler Mitarbeiter werden, wie folgt, von David Taylor, P&G Chairman of the Board, President und CEO, im internationalen Konzern begrüßt: „Wir schätzen das stabile und breit abgestützte Wachstum des OTC Health Care Marktes und freuen uns darüber, dass das Produktportfolio und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Consumer-Health-Geschäfts von Merck Teil der P&G Familie werden."

„Mit seinen führenden Marken und großartigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ergänzt und stärkt das Consumer-Health-Geschäft von Merck unser Personal Health Care Geschäft in hervorragender Weise“, sagte Tom Finn, President, P&G Global Personal Health Care. „Die Akquisition hilft uns dabei, das Umsatz- und Gewinnwachstum von P&G weiter voranzutreiben. Gleichzeitig versetzt uns dieser Schritt in die Lage, mit eigenen Kapazitäten und der nötigen Breite im Portfolio ein erfolgreiches globales OTC-Geschäft zu betreiben.“

Verkauf stand schon länger im Raum

Im September 2017 hatte Merck bekannt gegeben, strategische Optionen für sein Consumer-Health-Geschäft vorzubereiten, darunter einen möglichen vollständigen oder teilweisen Verkauf des Geschäfts sowie strategische Partnerschaften.

Auch der US-Pharmakonzern Mylan war an dem Geschäft interessiert. Andere mögliche Käufer hatte Merck Insidern zufolge mit seinen Preisvorstellungen von mehr als vier Milliarden Euro verschreckt. Dazu gehörte unter anderem der Lebensmittelkonzern Nestle, Perrigo sowie die Stada-Eigentümer Bain and Cinven.

Neben Merck hatte auch der US-Pharmakonzern Pfizer einen Verkauf seines Geschäfts mit rezeptfreien Gesundheitsprodukten geprüft, zu dem etwa Centrum-Vitaminpräparate gehören und das etwa 20 Milliarden Dollar wert ist. Dieser Prozess war zuletzt aber ins Stocken geraten, nachdem Reckitt Benckiser und der britische Arzneimittelhersteller GlaxoSmithKline einer möglichen Übernahme eine Absage erteilt hatten.